Frankfurt am Main, 06. Juli 2021. Die nicht-finanzielle Berichterstattung der führenden börsennotierten Unternehmen in Deutschland, speziell zu Personal- bzw. Human Capital Management (HCM), erweist sich als zerfasert in verschiedenen Berichtsformen, heterogen in den Themen und hoch divers in Qualität und Quantität der Darstellung. Unternehmen berichten sehr selektiv und nur in wenigen Fällen in integrierter Form mit definierten Kenngrößen einschließlich Ziel- und Ist-Werten. Vergleichbarkeit oder auch ein gemeinsames Verständnis von Berichtsinhalten durch etablierte Standards sind selten gegeben. Durchgängig aufgegriffenen Themen wie Vergütung und Mitarbeiterentwicklung stehen Bereiche gegenüber, die gar nicht oder nur in Teilaspekten ausgeleuchtet werden wie zum Beispiel Diversität oder Datensicherheit.

Zu diesen Ergebnissen kommt der hkp/// group HCM Monitor DAX 2021. Die Studie, ein im internationalen Kontext bislang einzigartiges Projekt der Unternehmensberatung hkp/// group mit Deutsche Gesellschaft für Personalführung (DGFP), DIRK - Deutscher Investor Relations Verband und Academy of Labour, hat die Geschäfts-, Nachhaltigkeits- und Personalberichte der DAX30-Unternehmen für das zurückliegende Geschäftsjahr analysiert. Inhaltlicher Impuls für die Analyse ist der verstärkte Fokus von institutionellen Investoren auf HR-Management-Themen im Rahmen einer generell zunehmenden Bedeutung der Bereiche Umwelt, Soziales und Governance (ESG) für Investmententscheidungen.

„Die Stoßrichtung institutioneller Investoren ändert sich massiv. Lag der Fokus zunächst auf der finanziellen Performance, rückten dann Governance-Fragen und eine breitere Sicht auf Nachhaltigkeit in Blickpunkt. Mittlerweile werden durch Investoren, Themen des Human Capital Managements (HCM) stärker denn je priorisiert, zum Beispiel Mitarbeiterfluktuation, Menschenrechte, Diversität oder Frauenquoten“, erläutert hkp/// group Managing Partner Michael H. Kramarsch den Hintergrund der aktuellen Studie. Sein Fazit auf Basis der Ergebnisse: „Die aktuelle nicht-finanzielle Berichterstattung zu HCM-Themen hält den Anforderungen von Investoren nicht stand und ist nicht zielführend im Sinne einer Kommunikation zu Wertschöpfung und Risikomanagement.“

Spezielle Taxonomie als Grundlage für zukünftigen Berichtsstandard

Für die Studie wurde auf Basis internationaler Rahmenwerke eine Taxonomie entwickelt, anhand derer die aktuelle Berichterstattung analysiert wurde und die perspektivisch dazu beitragen kann, das HCM-Berichtswesen zu standardisieren. Basis der Auswertungslogik waren neben gesetzlichen und regulatorischen Vorgaben die Angaben zentraler ESG-Rahmenwerke wie der Global Reporting Initiative (GRI), International Labour-Organization (ILO), der UN Global Compact (UN GC) und die Sustainable Development Goals (SDG). Ebenso integriert wurden aus Abstimmungsrichtlinien abgeleitete Erwartungen führender Investoren und Stimmrechtsberater.

„Im Ergebnis wurde eine Taxonomie mit 16 HCM-Kategorien erarbeitet“, erklärt Studienleiter Frank Gierschmann: „Die Ergebnisse der Analyse spiegeln sich in diesen Kategorien. Sie können Unternehmen dabei helfen, die eigene HCM-Berichterstattung so zu optimieren, dass sie das Vertrauen von Investoren gewinnen, aber auch von anderen Stakeholdern als Beitrag in der Kommunikation wichtiger nicht-finanzieller Kennzahlen zu verstehen sind“, so der hkp/// group Partner.

Ergebnisse: Überblick & ausgewählte Kategorien

Das aktuelle HCM-Reporting der DAX30-Unternehmen nimmt substanziellen Raum in der Berichterstattung ein, variiert aber stark in Umfang, Timing und Veröffentlichungspraxis. So beläuft sich der Anteil der HCM-Darstellungen in Geschäftsberichten auf rund 14% des Gesamtinhalts. Ein Drittel der DAX-Unternehmen berichtet bereits heute integriert, also ausschließlich im Geschäftsbericht. Die deutliche Mehrheit der Unternehmen tritt mit ihren Nachhaltigkeits- bzw. Personalberichten signifikant später als mit dem Geschäftsbericht an die Öffentlichkeit, zum Teil mit über drei Monaten Verzug.

Neben den Überblicksdarstellungen stellt der hkp/// group HCM Monitor DAX 2021 die Ergebnisse in den Berichtskategorien kompakt mit Text, Grafik und KPIs vor und benennt Best-Practice-Beispiele. Zu den Erkenntnissen in einzelnen Kategorien zählen zum Beispiel:

  • HCM-Strategie: Viele Unternehmen stellen ihre HCM-Strategie nicht gesamthaft dar. Zudem erfolgt das Reporting meist sehr allgemein, qualitativ beschreibend und ohne klare KPIs. Investoren fordern jedoch entsprechende Informationen, um die Verknüpfung von Geschäftsaktivitäten mit der HCM-Strategie nachvollziehen zu können.
  • Diversität & Chancengleichheit bzw. Diskriminierungsfreiheit sind zentrale Inhalte von Geschäftsberichten. Das Reporting ist in der Regel auf den Gender-Aspekt fokussiert. Über die weiteren Themenfelder, zum Beispiel die demografische Verteilung der Belegschaft, wird nur wenig berichtet. Zu kurz kommen auch Ländervergleiche.
  • Compensation, Incentives & Benefits werden von allen Unternehmen thematisiert. Abseits der hoch regulierten Angaben zu Vorstands- und Aufsichtsratsvergütung wird vielfach über Initiativen für eine faire, geschlechtergerechte Vergütung berichtet. Lediglich zwei Unternehmen weisen den Gender Pay Gap als KPI aus. Angaben zu Tarifstrukturen und zur Vergütung von AT-Mitarbeitern sind überraschend selten. Neben betrieblicher Altersversorgung werden weitere Benefits kaum aufgegriffen.
  • Data Security: Die Berichterstattung in dieser Kategorie ist insgesamt dürftig. In der Regel werden allgemeine und pauschale Aussagen getroffen. Nur wenige Unternehmen berichten mit Aussagen, die tragfähige Rückschlüsse auf den Stellenwert von Datenschutz und Informationssicherheit erlauben. Es finden sich nur wenige KPIs.
  • Aus- und Weiterbildung, Qualifizierung und Engagement sind sehr präsente Themen. Häufig wird Bildung im Kontext von Transformation und Digitalisierung als strategisch wichtig betont. Die meisten Unternehmen berichten über digitale Kompetenzen bzw. Zukunftsfähigkeit sowie digitale Lernangebote. Im Gegensatz dazu wird über Mitarbeiter-Engagement weniger ausführlich berichtet – obwohl nahezu alle DAX- Unternehmen regelmäßig entsprechende Befragungen durchführen und daraus KPIs wie Engagement-Index, Stimmungsindex und Mitarbeiterzufriedenheit ableiten.

Vielfältige Perspektiven auf den Handlungsbedarf für HR, IR und Arbeiternehmervertreter

Für die am Studienprojekt beteiligten Partner DGFP, DIRK und Academy of Labour ergeben sich aus den Studienergebnissen ganz spezifische Erkenntnisse und Handlungsbedarfe . So sieht Kai Helfritz von der DGFP - Deutsche Gesellschaft für Personalführung - auf Basis der Studie die Relevanz einer sinnvollen qualitativen und quantitativen Berichtslegung zu HR-Themen erwachsen - und einem intensiven direkten Austausch dazu mit Investoren. Er ist überzeugt: „Die aktuelle Stoßrichtung von Investoren wird CHROs und Personalverantwortliche – viele davon erstmals – stärker denn je in den Investorendialog einbinden. Dafür braucht es Kennzahlen, Best Practices und ein abgestimmtes Agieren mit Aufsichtsrat, Vorstand und Investor Relations. Wir werden ein verändertes HR-Reporting im Rahmen der Finanzmarktkommunikation sehen.“

Für die Mitbestimmungsseite konstatiert Tanja Jacquemin, Fachreferentin für Aufsichtsräte und Unternehmensmitbestimmung bei der Academy of Labour, dass der neue Investoren-Fokus Arbeitnehmervertretern in Aufsichts- und Betriebsräten die Chance bietet, sich noch wirksamer im Sinne der Beschäftigten einzubringen. „Und das ist auch im Interesse der Investoren. Denn dort, wo es eine hohe Abdeckung von Beschäftigten durch InteressenvertreterInnen gibt, sind in der Regel die Arbeitnehmerstandards hoch und die entsprechenden von Investoren adressierten Risiken gering“, so die Multi-Aufsichtsrätin. Aus ihrer Sicht kann und muss der Aufsichtsrat als Kontrollinstanz der Verpflichtung zu einer entsprechenden Berichterstattung über die gesetzlichen Forderungen hinaus weiteren Nachdruck verleihen und somit die Rolle der Beschäftigten als am Unternehmen Beteiligte stärken.

Aus Sicht von Kay Bommer, Geschäftsführer DIRK – Deutscher Investor Relations Verband, ist HCM als Thema noch nicht auf der Investor-Relation-Agenda angekommen. Dass neben dem regulären Reporting zunehmend auch Anfragen zu Kennzahlen und Sachverhalten aus diesem Themengebiet an IR herangetragen werden, sieht er als Chance: „Die aktuellen Entwicklungen in puncto HCM eröffnen der Investor-Relation-Funktion den Spielraum, eigene Standards zu etablieren und damit auch Defizite auf Investorenseite zu kompensieren. IR sollte die sich bietende Gelegenheit im Sinne der eigenen strategischen Positionierung nutzen!“

Hintergrundinformationen zur Studie

Der hkp/// group HCM Monitor DAX 2021 ist eine Studieninitiative der hkp/// group unter Mitwirkung von Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V. (DGFP), DIRK – Deutscher Investors Relation Verband und Academy of Labour. Analysiert wird die Berichterstattung der DAX30-Unternehmen im zurückliegenden Geschäftsjahr, wobei Geschäfts-, Nachhaltigkeits- und Personalberichte in die Auswertung einbezogen wurden. Aufgrund der späten Erscheinungstermine wurden die Geschäftsberichte von Delivery Hero und Linde nicht berücksichtigt. Insgesamt umfassen die gelesenen Geschäfts-, Nachhaltigkeits- und Personalberichte über 9.000 Seiten, wovon immerhin knapp 2.000 Seiten Teil des HCM-Reportings sind.

Bezug des Studienreports

Der komplette Report zum hkp/// group HCM Monitor DAX 2021 ist zum Preis von 275 Euro zzgl. MwSt. als PDF-Dokument erhältlich. Kunden der hkp/// group, Mitglieder der DGFP, des DIRK sowie Unterstützer der Academy of Labour können das komplette Studiendokument zu Sonderkonditionen beziehen. Bestellungen sind per formloser E-Mail an info@hkp.com zu richten.

Kontakt: thomas.mueller@hkp.com, Tel. 0176 100 88 237

 

Autor Frank Gierschmann

Sie möchten mehr zum Thema wissen?

Vereinbaren Sie einen (Telefon-) Termin mit Frank Gierschmann