Themen aus den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance (ESG) nehmen einen immer wichtigeren Platz im Agieren von institutionellen Investoren ein. Ein Aspekt, der dabei insbesondere die Felder Soziales und Governance streift, ist das Human Capital Management (HCM). hkp.com sprach mit Kai H. Helfritz, ‎Leiter Mitgliedermanagement & Kooperationen & Mitglied der Geschäftsleitung der DGFP - Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V.

Herr Helfritz, hat es Sie überrascht, dass mit BlackRock der größte weltweite Investor das Thema Human Capital Management in diesem Jahr so prominent adressiert?
Kai H. Helfritz:
Wir haben in den letzten zwei, drei Jahren eine Intensivierung der Diskussion rund um ESG-Kriterien und ihre Bedeutung für Investitionsentscheidungen gesehen. Und angesichts der Überschneidungen in den Themenfeldern Soziales und Governance war es eine Frage der Zeit, wann und wie intensiv hier Aspekte des Personalmanagements stärker in den Blickpunkt rücken. Dies wird auch sehr deutlich, wenn man die Entwicklung der Relevanz zum Thema Diversität betrachtet. Aber letztlich war es doch eine Überraschung, wie exponiert der BlackRock-CEO die Aufmerksamkeit auf Aspekte des Human Capital Management gelenkt hat.

Welche Reaktionen haben Sie unter Ihren Mitgliedsunternehmen dazu wahrgenommen?
Kai H. Helfritz:
Die Reaktionen aus der HR-Community sind nach unserem Eindruck in der Breite verhalten. Das mag verschiedenste Ursachen haben, zumal wir ja nicht nur börsennotierte Unternehmen zu den DGFP-Mitgliedern zählen. Der weitaus größere Teil unserer Mitglieder sind KMU´s. Auch stand das Personalmanagement bisher weniger im Fokus von Investoren...

…was sich nun absehbar ändern wird?
Kai H. Helfritz:
HCM hat sich mit seinen Zahlen vor allem intern präsentiert und diese beispielsweise im Employer Branding genutzt. Das wird sich in der Tat ändern. Aber ich denke, dass die Konsequenzen des intensivierten Investorenfokus noch nicht überall in aller Breite erkannt wurden.

An welche Konsequenzen denken Sie besonders?
Kai H. Helfritz:
Das Personalmanagement insgesamt wird stärker in den Blickpunkt des Kapitalmarktes rücken und das erfordert eine neue Qualität der Information und Kommunikation. So einfach dieser Satz klingt, so groß sind die damit verbundenen Herausforderungen. Mit ihm ist eine ganze Reihe an neuen Anforderungen an die Rolle und das Selbstverständnis der HR-Funktion verknüpft. Aber wir sollten dies nicht nur als Last begreifen, sondern als Chance, HR in den Unternehmen wie auch darüber hinaus noch stärker in den Blickpunkt zu rücken.

Was sind aus Ihrer Sicht die wesentlichen Herausforderungen – und Chancen?
Kai H. Helfritz:
Um gegenüber Investoren aussagefähig zu sein, braucht es zukünftig stärkere Transparenz über relevante Zahlen und Entwicklungen in Unternehmen. Wir werden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht nur eine neue Quantität, sondern auch Qualität an relevanten Daten sehen.

Aber die Unternehmen berichten doch schon über entsprechende Kennzahlen?
Kai H. Helfritz:
Ja, nach bestem Wissen und Gewissen unternehmensindividuell. Eine Systematik, Historie und Transparenz im Sinne einer Vergleichbarkeit von Entwicklungen in einem Unternehmen wie auch ein Vergleich von Kennzahlen zwischen Unternehmen ist noch nicht gegeben. 

Das klingt nach mehr als nur Kosmetik, eher nach tiefgreifendem Wandel?
Kai H. Helfritz:
Und diesen Wandel braucht es auch. Die Berichterstattung muss und wird sich verändern. Und lassen Sie mich die Aufmerksamkeit auf eine damit verbundene Chance für HR lenken: Der stärkere Investorenfokus auf Human Capital Management und die damit verbundene neue Qualität der Berichterstattung wird HR zwangsläufig nicht nur stärker fordern, sondern auch deutlich präsenter auf die strategische Kapitalmarkt-Agenda der Unternehmen heben.

Sie sprechen den Investorendialog an…
Kai H. Helfritz:
Aktuell tauschen sich Investorenvertreter in der Regel nicht mit CHROs aus, sondern üblicherweise mit Aufsichtsrats- und Vorstandsvorsitzenden und Investor Relations. Im deutschen Governance-System obliegt aber dem Personalvorstand die Verantwortung für das Human Capital Management. Und so kommt dem Dialog mit Investoren eine neue und wichtige Rolle zu, die im Innenverhältnis beispielsweise die Sensibilisierung von Entscheidungsgremien wie dem Vorstand und Aufsichtsrat einschließt. Im Außenverhältnis sind es die Grundlagen für einen professionellen Dialog mit Investoren zu Human Capital Themen.

Damit betrifft Human Capital Management vor allem börsennotierte Unternehmen…
Kai H. Helfritz:
Natürlich sind die am Kapitalmarkt agierenden Unternehmen zunächst direkt und am stärksten betroffen. Aber ESG- und HCM-Standards werden sich nicht nur in diesem Kreis etablieren, sondern auch – sicherlich mit etwas Verzögerung - in der nicht-börsennotierten bzw. kapitalmarktnahen Unternehmenswelt. Dabei kann auf Prozesse und Tools in puncto Governance, -Kommunikation und Reporting zurückgegriffen werden, die auch nicht-börsennotierte Unterhemen als Best Practice anerkennen und angepasst auf die eigenen spezifischen Bedürfnisse übernehmen werden. Der deutsche Stakeholder-Ansatz mit seiner bewusst breit gezogenen Perspektive auf die Anforderungen verschiedenster Ziel- und Anspruchsgruppen von bzw. in Unternehmen bietet dafür eine sehr gute Grundlage.

Herr Helfritz, vielen Dank für das Gespräch!

Autor Kai H. Helfritz

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