Blueprinting ist ein dem Ablaufdiagramm ähnliches Verfahren zur Gestaltung und Optimierung von Geschäftsprozessen, über das sich u.a. auch Schnittstellen zwischen dem HR-Management und seinen Kunden erkennen und nachhaltig gestalten lassen. Das u.a. auch bei Siemens Energy implementierte Verfahren ist ein Kernelement in der Neuausrichtung von Geschäftsprozessen und Zusammenarbeitsmodellen im Rahmen  von HR-Transformationen. Ein Gespräch mit Peter Dodell, VP of HR Standardization Siemens Energy, sowie den Strategic HR Advisors Marc Popic, Senior Director, und David Voggeser, Partner der hkp/// group.

Herr Dodell, was ist Ihr Blick auf Blueprinting und seine Wirkung?

Peter Dodell: Siemens Energy ist ein noch junges Unternehmen. Aus HR-Perspektive war es immer unser Ziel, mit dem neuen Gebilde ein spezifisches und effizientes HR-Management auf die Beine zu stellen. In unserer HR-Strategie haben wir dabei vor allem auf die Aspekte Standardisierung, Harmonisierung und Digitalisierung gesetzt. In der Umsetzung braucht es dann natürlich wirksame Tools, nicht zuletzt zum Management zentraler Geschäftsprozesse.

Und Blueprinting ist dabei ein relevanter Ansatz?

David Voggeser: Blueprinting ist mittlerweile ein geläufiger Ansatz, auf den wir als Berater breit in der Visualisierung, Entwicklung und Beschreibung von Geschäftsprozessen setzen. Wir nutzen es u.a. gezielt als Instrument zur Erkennung und Optimierung von Schnittstellen, um Prozessmodelle ganzheitlich mit Aufbau- und Ablauforganisationen und notwendigen Governance-Modellen abzustimmen und zu harmonisieren.
Marc Popic: Wobei es insbesondere um die Schnittstellen von internen wie externen Kunden und deren Einbindung, also den gesamten Stakeholder-Kosmos des HR-Managements, geht.
Peter Dodell: Am Ende der Blueprinting-Phase  wollten wir entscheiden, welche HR-Prozesse wir intern in der gewünschten Qualität und Effizienz bespielen können und bei welchen sich ein Outsourcing anbietet. Das darf keine Bauchentscheidung sein, sondern braucht eine entsprechend sorgfältige Analyse und Simulation.

Herr Popic, was ist aus Ihrer Sicht als HR Service Experte das entscheidende Element im Blueprinting-Ansatz?

Marc Popic: In Szenarien einer Standardisierung bzw. Harmonisierung von Geschäftsprozessen generell wie auch speziell im HR Service Bereich gilt es, die relevanten Perspektiven aller Betroffenen zu berücksichtigen. Und im Rahmen der Definition eines neuen Operating Modells ist neben dem reinen Design-Part auch die Überprüfung ein entscheidendes Feature im Blueprinting: Wird ein Prozess überhaupt gebraucht und wenn ja, in dieser oder in einer anderen Form?
David Voggeser: Am Ende muss aber – bei aller Standardisierung und Harmonisierung – immer der Anwender im Fokus stehen. Um ein neues Schlagwort in den Ring zu werfen: Es geht um einen Human Centric Design-Ansatz, der die Anwender und Betroffenen von HR-Tools und den damit verbundenen relevanten Prozessen nicht im Regen stehen lässt.

Diese Anwender-orientierte Sicht ist auch ein typisches Merkmal im Employee Experience Design – also der Gestaltung positiver Mitarbeitererlebnisse mit ihrem Arbeitgeber.

David Voggeser: Das ist so! Blueprinting und EX-Design sind ein perfektes Power Paar für die optimale Gestaltung und das effiziente Bespielen von Geschäftsprozessen. EX hilft, die Perspektive einzunehmen, die wir selber nicht haben. 
Marc Popic: Blueprinting und EX sind als Kombination extrem wertvoll in der Sicherstellung des gewünschten Mehrwertes auf der Anwenderseite. 

Wie binden Sie denn bei Siemens Energy EX beim Blueprinting ein?

Peter Dodell: Mit Hilfe von EX haben wir Design-Parameter für eine massive Anwender-Orientierung definiert. Das ist gelebte Human Centricity.

Aber in der Realität ist doch jeder Geschäftsbereich verschieden und auch von Land zu Land ergeben sich Spezifika, oder?

Peter Dodell: Mit dieser Vielfalt und Komplexität müssen wir als internationaler Konzern leben. Daher gilt es genau zu prüfen: Was sind die Unterschiede regulatorischer Natur, die also keinen Spielraum lassen, und was sind gewünschte Unterschiede, wo wir in die genaue Analyse und Diskussion müssen. 
David Voggeser: Blueprinting muss flexibel genug sein, um regionale, lokale oder geschäftsspezifische Bedarfe zu adressieren. Dabei hilft unter Umständen auch das parallele Anstoßen eines Co-Creation-Prozesses, bei dem die sogenannten Product Owner ihre Perspektive rund um ihr Themen- und Aufgabenfeld in die Diskussion einbringen. 

Das einmalige Aufsetzen eines idealen Prozesses ist die eine Seite der Medaille. Wie steht es um mehr oder weniger absehbare Anpassungen im weiteren Geschäftsverlauf?

Marc Popic: Heute wird kaum noch statisch gedacht und konzipiert, Ungewissheit und Veränderungsdruck sind alltägliche Begleiterscheinungen. Daher gehören zu einem harmonisierten, standardisierten Prozesshaus auch eine entsprechende Prozessmethodologie, eine transparente und umfassende Dokumentation sowie Stellschrauben für eine fortlaufende Integration von Tools und Prozessen im Kontext des bestehenden Governance-Modells wie  auch der Anforderungen auf Anwenderseite.

Wie erfolgt die Implementierung, mit welchen Zeiträumen muss man rechnen? 

David Voggeser: Im Rahmen des Blueprinting beleuchten wir im Prozess alle wichtigen Design-Parameter und konsolidieren die Anforderungen der Anwender bzw. aller Stakeholder. Die Dauer dieses Prozesses hängt von der Komplexität der Organisation wie auch des Governance-Modells ab. Viele Schnittstellen bedeuten höheren Aufwand – von der Analyse über die Konzeption bis hin zur Implementierung.
Peter Dodell: In diesem Prozess ist extrem viel Aufklärung notwendig. Wichtige Erfahrungen aus meinem aktuellen Projekt: Man kann nicht zu viel kommunizieren, es braucht klare und verbindliche Lösungen, Respekt und am Ende des Tages viel Einfühlvermögen. Einem operativ exzellent agierendem Product-Owner irgendwo in der Welt eine beliebige neue, aus zentraler Sicht perfekte Lösung von jetzt auf gleich als neuen Standard aufzudrücken, wird scheitern.
Marc Popic: Aber man muss nicht zwingend all-umfänglich agieren, sondern kann sich auch einzelne Bereiche bzw. Prozesse anschauen. Allerdings sollte zuvor, kommend von der Unternehmens- und HR-Funktionalstrategie, das übergreifende HR-Governance-Modell geklärt werden. Sonst schafft man sich nur neue und vielleicht noch größere Probleme.

Vielen Dank für das Gespräch!
 

Autor Marc Popic

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