Am 15. und 16. September 2023 diskutierten Ökonomen aus ganz Europa aktuelle Arbeiten im Themenfeld Corporate Governance und Finance. Die wissenschaftliche Konferenz des Marburg Centre for Institutional Economics (MACIE) wurde von der hkp/// group unterstützt und stand unter Leitung von Marc Steffen Rapp, Professor für Business Administration & Leiter der Management Accounting Research Group an der Philipps-Universität Marburg. 

Im Mittelpunkt des Workshops stand der internationale wissenschaftliche Austausch von Professuren zur Corporate Governance und zur Corporate Finance aus Europa – vertreten waren neben deutschen Teilnehmerinnen und Teilnehmern Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Spanien, Dänemark, Finnland, der Ukraine und weiteren Ländern. 

Qualitzätsgewinn wissenschaftlicher Artikel durch Diskussion im Fachplenum

Vorgestellt wurden die wissenschaftlichen Artikel, die nahezu allesamt auf der Auswertung von Datensätzen basierten, in einem kompakten und spannenden Format: So hatten die Autorinnen und Autoren stets nur zehn Minuten Zeit, ihre Inhalte und Erkenntnisse darzustellen. Darauf folgte eine zehnminütige Kritik des Artikels, wobei hierfür im Vorhinein eine nicht an der Ausarbeitung beteiligte Person mit der Durchsicht des Artikels beauftragt wurde. Anschließend wurde weitere zehn Minuten im Plenum über den Artikel diskutiert. 

Um die Redezeiten konsequent einzuhalten, wurde für jeden Themenblock eine Person definiert, die auf die exakte Einhaltung der Zeiten achtete und durch die Diskussion führte. Übergeordnetes Ziel dieses Vorgehens ist, die Qualität eingereichter wissenschaftlicher Artikel durch eine vorherige Diskussion mit einem Fachplenum zu erhöhen.

ESG, CEO-Vergütung, Geschlechterquoten: Inhalte und Praxisrelevanz

Inhaltlich befassten sich alle Autorinnen und Autoren mit Themenstellungen rund um die Corporate Governance. Themen wie ESG, CEO-Vergütung, Geschlechterquoten etc. wurden hierfür basierend auf Einkommensdaten, Einwohnermeldedaten sowie Finanzdaten aufbereitet. Dies erfolgte anhand statistischer Erhebungen und der Aufstellung sowie Validierung komplexer Formeln, um die korrekte Auswertung der Daten auch durch eine Eigenkontrolle sicherzustellen. 

Von Beginn an wurden – sofern möglich – Kontrollformeln mit aufgestellt und Berechnungen anhand vergleichbarer Studien berücksichtigt, um eine fortwährende Kontrolle sowohl der erhobenen Daten als auch der Ergebnisse gewährleisten zu können. Die Artikel waren dabei weit theoretischer formuliert, als dies für Auswertungen aus der Beratungspraxis der Fall ist. Allerdings waren auch nicht alle Ergebnisse immer praxisrelevant, sondern dienen der Überprüfung aufgestellter Thesen oder der Berechnung von Auswirkungen gesetzlicher Änderungen, die bereits Jahrzehnte zurückliegen.

Zentrale Learnings

Hier sei zunächst die methodische Ebene hervorgehoben: Be open for critics! Vorgestellt wurden Artikel von Autorinnen und Autoren, die absolute Fachleute in ihren jeweiligen Forschungsbereichen sind. Dennoch nutzen sie die Gelegenheit, ihre Ausarbeitungen auf einem sehr hohen Niveau kritisch durcharbeiten zu lassen, um die Qualität des Produktes zu erhöhen. Im Ergebnis konnten auch Formulierungen aufgedeckt werden, die die Personen selber durch die Vertrautheit mit ihrer Arbeit nicht mehr kritisch hinterfragt haben.

Inhaltlich boten sich allen Teilnehmenden aber ebenfalls überraschende Erkenntnisse. Hierzu zählten u.a. Folgende: 

  • Virtuelle Boardmeetings während der anfänglichen Coronazeit hatten einen positiven Effekt auf die Sitzungsfrequenz, allerdings einen negativen Effekt auf die inhaltliche Tiefe der Diskussionen. 
  • Ein zunehmendes Alter der CEOs steht in einem positiven Zusammenhang mit der Qualität der Finanzberichterstattung. Clawbackklauseln tragen ebenso positiv hierzu bei. 
  • Nicht Qualifikation ist der ausschlaggebende Faktor bei der Besetzung von Board-Mandaten, sondern das Netzwerk. 
  • Eine geringere Anzahl von Frauen in den Boards ist auch darauf zurückzuführen, dass deren Netzwerke nicht so breit aufgestellt sind wie die der Männer. 
  • Das erste Mandat in einem Board kommt häufig durch einen persönlichen Kontakt zustande.

Zusammenfassend können wir auf zwei sehr interessante Tage zurückblicken. Neben dem inhaltlichen Austausch konnte bei einer Stadtführung durch Marburg sowie bei einem gemeinsamen Abendessen die Gelegenheit genutzt werden, wissenschaftliche Erkenntnisse in Zusammenhang mit praktischen Erfahrungen aus der Beratung zu bringen.

Autor Dr. Thomas Kopelke

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