• Die Vergütung der ATX-Vorstandsvorsitzenden im Geschäftsjahr 2013 sinkt um rund 1,9% bei um 18,7% rückläufigen Unternehmensgewinnen
  • Verbesserte Transparenz überlagert von weiter bestehenden Defiziten im Vergütungsausweis – Regulatorik muss sich an internationalen Standards orientieren
  • Analyse „hkp/// Geschäftsberichtsauswertung Vorstandsvergütung ATX 2013“ 

Frankfurt am Main, 14. April 2014. Die Vergütungen der Vorstandsvorsitzenden der größten börsennotierten Unternehmen Österreichs sind laut einer Geschäftsberichtsanalyse durch die Unternehmensberatung hkp/// group im zurückliegenden Geschäftsjahr geringfügig gesunken: im Durchschnitt um rund 1,9% auf insgesamt 1,53 Mio Euro. Gleichzeitig ist ein deutlicher Rückgang bei den Geschäftsergebnissen der ATX-Unternehmen zu verzeichnen. Deren Gewinn (Net Income) ist im Geschäftsjahr 2013 um durchschnittlich 18,7% gegenüber 2012 gesunken.

„Vorstandsvergütung erfährt ihre Legitimität über den Unternehmenserfolg. Angesichts der rückläufigen Ertragslage hatten wir daher ein geringeres Vergütungsniveau für die ATX-Vorstandsvorsitzenden erwartet. Dass dies so nicht eingetreten ist, kann als Beleg für eine noch nicht durchgängig verankerte Pay-for-Performance-Logik in der Vorstandsvergütung im ATX gesehen werden“, erklärt hkp/// Managing Partner Michael H. Kramarsch. Der Experte für Vorstands- und Aufsichtsratsvergütung sowie Corporate Governance widerspricht aber Studien, die einen übermäßigen Vergütungsanstieg bei Österreichs Unternehmenslenkern erkennen wollen. „Auf Basis unserer Analyse lässt sich dieser Schluss nicht ziehen, zumal wir bei dem Vergütungsausweis Verbesserungen sehen und – bei allem noch gegebenen Optimierungspotenzial – die Vergütungstransparenz in Österreich weiter gestiegen ist“, so Kramarsch.

Immofinanz und OVM als ATX-Vergütungsspitze 

Für das zurückliegende Geschäftsjahr 2013 weisen alle Unternehmen im österreichischen Top-Börsenindex ATX die Vorstandsvergütung individuell aus. Die aktuelle Vergütungsspitze bildet der Vorstandsvorsitzende von Immofinanz mit aktuell 3,18 Mio. Euro Direktvergütung, gefolgt von dem Vorstandsvorsitzenden von OVM mit 2,86 Mio. Euro. Am unteren Ende der Vergütungsrangreihe finden sich die Vergütungen der Vorstandsvorsitzenden von EVN (482.300 Euro) und CA Immo (522.000 Euro). Die Spanne zwischen den ganzjährig im Amt befindlichen Unternehmenslenkern mit den höchsten und geringsten Vergütungen im ATX beträgt somit etwas mehr als das Sechsfache.

Im internationalen Vergleich ordnen sich die österreichischen Spitzenwerte unter den Durchschnittswerten für den europäischen Premium-Index STOXX (Stoxx Europe 50/Euro Stoxx 50, 6,01 Mio Euro), den schweizer SMI-Index (5,21 Mio Euro) und den deutschen DAX (4,97 Mio Euro) ein. Diese Relation ist aus Sicht der hkp/// Vergütungsexperten angemessen. „Wir sehen bei dem Niveau der Vorstandsvergütung im ATX im Großen und Ganzen ein stimmiges Verhältnis zur Größe, Branche und internationalen Ausrichtung der Unternehmen“, erklärt Björn Hinderlich, Studienautor und Senior Manager bei hkp///.

Nachhaltigkeit in der Vorstandsvergütung etabliert

Vor dem Hintergrund der zurückliegenden Wirtschaftskrise und in deren Folge erlassenen regulatorischen Vorgaben haben nachhaltige Bestandteile in den Vergütungspaketen der Top-Manager weltweit an Bedeutung gewonnen. So auch im ATX. Hier ist bei den Vorstandsvorsitzenden im zurückliegenden Geschäftsjahr das Verhältnis zwischen Grund- und variabler Vergütung zwar stabil geblieben (45% versus 55%). Aber der Anteil der mehrjährigen variablen Bezüge an der gesamten variablen Vergütung liegt weiterhin oberhalb von 50 %. Den Anforderungen von Aktiengesetz und Österreichischem Corporate Governance Kodex zur langfristigen und nachhaltigen Ausgestaltung der Vergütung von Vorständen wird damit erkennbar Rechnung getragen.

Lücken bei Vergütungsausweis und Transparenz

Allerdings weist derzeit nur die Hälfte der ATX-Unternehmen ihre variable Vergütung getrennt nach einjähriger und mehrjähriger Vergütung aus. Sie folgen damit internationalen Standards und gehen über die Forderungen des österreichischen Corporate Governance Kodex hinaus. Dieser fordert bislang nur eine Darstellung der fixen sowie gesamthaft der variablen Bezüge.

„Es bleibt im Unklaren, wie die vom Aktiengesetz und Corporate Governance Kodex einerseits geforderten langfristigen Verhaltensanreize zur nachhaltigen Unternehmensentwicklung durch die Unternehmen umgesetzt werden, wenn auf der anderen Seite die in der Vergütung ausgedrückten Langfristanreize nicht dezidiert ausgewiesen werden. Hier müssen Gesetzgeber und Regulatorik gemeinsam an einem Strang ziehen und den Sprung auf internationale Best Practice vollziehen“, mahnt hkp/// Vergütungsexperte Björn Hinderlich an.

Klaren Nachhol- bzw. Optimierungsbedarf sehen die Studienautoren zudem beim Ausweis von Neben- und Versorgungsleistungen aber auch bei der Definition von Höchstgrenzen in der Vorstandsvergütung. „Wer Transparenz in der Vergütung will, darf diese zum Teil sehr werthaltigen Vergütungsbestandteile aus der Kommunikation nicht ausblenden“, erklärt hkp/// Managing Partner Michael H. Kramarsch. Der Deutsche Corporate Governance Kodex habe mit der Vorgabe von speziellen Mustertabellen zu gewährten und tatsächlich zugeflossenen Vergütungen einen konstruktiven Weg zur transparenten und zugleich hoch vergleichbaren Darstellung von Vergütungen eingeschlagen.

Europäische Initiativen zu Say on Pay als Angriff auf die Unternehmensverfassung

Die aktuelle EU-Initiative zur Modifizierung der europäischen Aktionärsrichtlinie, mit der die Entscheidungshoheit für die Vorstandsvergütung über einen verbindlichen Say-on-Pay-Beschluss an die Aktionäre in der Hauptversammlung delegiert werden soll, sehen die Studienautoren mit gemischten Gefühlen. Einerseits wird dadurch die Debatte zu einer optimierten Ausgestaltung und Kommunikation von Vorstandsvergütung auch in Österreich weiter zu Verbesserungen führen. Aber gleichzeitig hebelt diese Initiative den Aufsichtsrat als Verantwortlichem und Kontrollorgan für die Vorstandsvergütung aus. „Wir brauchen das Gegenteil: Der Aufsichtsrat muss mehr in die Verantwortung. Es ist Wunschdenken der europäischen Politik, dass angelsächsische Investoren oder Hedge-Fonds auf Hauptversammlungen politisch genehme Entscheidungen zur Vorstandsvergütung treffen wollen und werden“, so hkp/// Managing Partner Michael H. Kramarsch.

Autor Michael H. Kramarsch

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