In 2022 verkündeten einige Unternehmen, wie zum Beispiel die Deutsche Telekom, öffentlichkeitswirksam, dass ab 2023 nur noch elektrische Fahrzeuge als Dienstwagen ausgewählt werden können. Die Elektrifizierung der Fuhrparks von Deutschlands größten Unternehmen scheint also voran zu schreiten. Doch wie steht es tatsächlich um die Elektrifizierung der Dienstwagenflotten? hkp.com sprach mit den hkp/// group Experten Jonas Friedrich und David Voggeser über den Stand der Dinge bei der Elektrifizierung von Dienstwagenflotten in Unternehmen.

Die zahlreichen Ankündigungen in der Presse lassen vermuten, dass inzwischen viele Dienstwagenflotten vollständig auf Elektromobilität umgestellt sind. Sind Dienstwagen mit Verbrennungsmotoren inzwischen zur Ausnahme geworden?

David Voggeser: Der Schein trügt. Die Anzahl der Unternehmen, die bereits heute ausschließlich elektrische Dienstwagen zulassen, stellt nach wie vor eine Minderheit dar wie aktuelle Studienerhebungen der hkp/// group zeigen. Über 40 Prozent der befragten Unternehmen streben jedoch an, in den nächsten Jahren den Fuhrpark vollständig auf E-Fahrzeuge umzustellen. 
Jonas Friedrich: Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Beschränkung von Neuzulassungen von Dienstwagen auf E-Fahrzeuge nicht von heute auf morgen dazu führt, dass der Fuhrpark nur noch aus E-Fahrzeugen besteht. Da Leasinglaufzeiten der bestehenden Dienstwagen mehrheitlich bei 3 Jahren und mehr liegen, dauert es eine ganze Weile länger bis der Fuhrpark vollständig elektrifiziert ist.
David Voggeser: Nicht zu vergessen ist auch, dass fast genauso viele der befragten Unternehmen aktuell gar keine Umstellung der Dienstwagenflotte vorsehen. Von diesen Fällen ist in der Presse kaum zu lesen. Doch ab dem Jahr 2035 haben auch diese „Elektro-Muffel“ keine Wahl mehr, da von da an voraussichtlich keine klassischen Verbrenner mehr neu zugelassen werden dürfen.

Was führt dazu, dass einige Unternehmen eine Umstellung auf E-Fahrzeuge dennoch so vorsichtig angehen?

Jonas Friedrich: Zum einen die aktuell langen Lieferzeiten von Elektroautos von nicht selten über einem Jahr und mehr. Zum anderen werden auch die Kosten für Unternehmen für Elektro- und Hybrid-Dienstwagen zunehmen. Die Förderung durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle – kurz: BAFA – ist bereits zum Jahreswechsel für Hybrid-Fahrzeuge weggefallen. Darüber hinaus wird die „BAFA-Prämie“ ab September 2023 nur noch für Privatpersonen gelten.
David Voggeser: Analysen in Kundenprojekten zeigen darüber hinaus, dass viele Berechtigte häufiger Hybrid-Fahrzeuge als E-Dienstwagen wählen. Die Anekdote vom Plugin-Hybrid-Dienstwagen, der nach drei Jahren Leasinglaufzeit mit noch ungenutztem Ladekabel im Kofferraum zurückgeben wird, mag überspitzt sein. Wirksame Maßnahmen, die solche Fälle ausschließen können, sind jedoch aufwendig.

Was beschäftigt Unternehmen mit Blick auf die Elektrifizierung ihrer Dienstwagenflotten noch?

Jonas Friedrich: Bei der Regelung von Parametern, die sich in Zusammenhang mit der E-Mobilität ergeben, ist ein Trend zu einfacheren Lösungen zu erkennen. Viele Unternehmen mit denen wir im vergangenen Jahr zusammengearbeitet haben, hatten das Ziel, den Aufwand für die Administration zu reduzieren. Des Weiteren ist auch die Wertschätzung des Dienstwagens als Benefit durch die Berechtigten bei vielen Unternehmen im Fokus.
David Voggeser: Konkret heißt das zum Beispiel, dass zunehmend pragmatische Lösungen für die Schaffung von Lademöglichkeiten am Arbeitsplatz und am Wohnort geschaffen werden. Komplexe, differenzierte Bonus-Malus Regelungen werden seltener und ersetzt durch einheitliche, höhere Kostenübernahmen bei E- und/oder Hybridfahrzeugen.
Jonas Friedrich: Trotz der Vereinfachungen erfordern Dienstwagen in Unternehmen weiterhin länderspezifische Regelungen. Einige Unternehmen schaffen zwar einen gemeinsamen globalen Rahmen oder definieren Mindeststandards, in diesen Fällen bedarf es aber lokaler Anhänge.

Zum Abschluss noch ein Blick in die Zukunft: Wird es in den kommenden Jahren gelingen, dass Fuhrparks von Unternehmen in Deutschland mehrheitlich klimaneutral werden?

Jonas Friedrich: Dafür sind noch einige Herausforderungen zu bewältigen. Es wird in jedem Fall erforderlich sein CO2-Emissionen zu kompensieren, denn auch ein Fuhrpark mit ausschließlich elektrischen Dienstwagen ist nicht emissionsfrei. Nicht unerheblich ist auch die Klimabilanz des Stroms, der zum Laden verwendet wird.
David Voggeser: Entscheidend dafür wird auch der Fortbestand und die Ausgestaltung des „Dienstwagenprivilegs“ sein. Auch wenn es die Abschaffung der Steuervergünstigungen für Dienstwagen mit Verbrennungsmotoren nicht in den finalen Koalitionsvertrag für die aktuelle Legislaturperiode geschafft hat, wurde das Thema auch in Zusammenhang mit der Finanzierung des 9-Euro-Tickets in 2022 umfassend in der Öffentlichkeit diskutiert. Es ist davon auszugehen, dass zum Beispiel eine Beschränkung des „Dienstwagenprivilegs“ auf E-Fahrzeuge dazu führen würde, dass sich die Anzahl der Dienstwagen mit Verbrennungsmotoren auf deutschen Straßen erheblich reduzieren würde.

Herr Friedrich, Herr Voggeser, vielen Dank für das Gespräch!
 

* Brydon Mc Cluskey/Unsplash
Autor David Voggeser

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