Budget-Gründe allein sind nicht die entscheidende Ursache für den geringen Digitalisierungsgrad von HR
 
Ergebnisse der gemeinsamen Studie „HR goes digital“ von hkp/// group und der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW)
 
Frankfurt am Main, 2. Dezember 2016. Der digitale Reifegrad von HR ist in vielen Unternehmen bei weitem noch nicht so fortgeschritten, wie erwartet. Entgegen der Annahme, dass dafür vor allem fehlende finanzielle Mitteln den Ausschlag geben, sind es eine Reihe anderer Faktoren die auf ähnlichem Niveau entscheidend sind: Dazu zählen neben einer nicht angemessenen technischen Infrastruktur sowie mangelnden Prozessstandards auch das Fehlen entsprechender Kenntnisse und Fähigkeiten.
 
Dies sind die zentralen Erkenntnis der Studie „HR goes digital“, die gemeinsam von der Unternehmensberatung hkp/// group sowie der Dualen Hochschule Baden-Württemberg/Lörrach (DHBW) unter Personalentscheidern in Deutschland, Österreich und in der Schweiz durchgeführt wurde.
 
Die wichtigsten Studienergebnisse im Überblick
1) Keine Digitalisierung ohne Standardprozesse und digitale Kompetenz
Der digitale Wandel erfordert die Schaffung neuer vernetzter und hochautomatisierter Prozesse entlang der Wertschöpfungskette in Unternehmen. Dies ist Voraussetzung dafür, dass HR neuartige Geschäftsmodelle mit personalseitigen Prozessen unterstützen und alternative Modelle der Zusammenarbeit erst ermöglichen kann.
 
Im Gegensatz dazu sehen 39% der Studienteilnehmer das geringe Ausmaß an Standardisierung von Anwendungen und Prozessen bzw. die Existenz von Insellösungen als das wichtigste Hindernis für eine Digitalisierung von HR, dicht gefolgt von einer zu geringen digitalen Kompetenz (38%). In drei von vier Unternehmen werden die digitalen Kompetenzen von HR als gering eingestuft.
 
„In der Konsequenz werden moderne technische Anwendungen nicht oder nur teilweise genutzt. Sie liefern so – trotz hoher Investitionen – nicht den erwünschten Mehrwert. Ohne digitales Basiswissen wird und kann es den Marsch in die digitale Zukunft nicht geben“, erklärt der leitende Studienautor und hkp/// group Senior Partner Thomas Faltin. Die Gefahr, dass ein Digitalisierungsprojekt an fehlenden Kenntnissen scheitert, erachtet der hkp/// group Experte als ebenso hoch wie ein Scheitern an fehlenden Budgets.
 
2) Es fehlt eine moderne IT und zukunftsfähige Technologien
Personalverantwortliche sollten sich nicht scheuen, modernste zukunftsfähige Lösungen einzusetzen und den ewigen Disput zwischen notwendiger Differenzierung und sinnvoller Standardisierung in Prozessen, Produkten und Leistungen aufzulösen. Doch die Realität in den Unternehmen sieht anders aus:
 
  • Drei Viertel der Studienteilnehmer nutzen noch keine oder nur wenige Cloud-Lösungen im Rahmen ihrer Personalkernprozesse.
  • Erst die Hälfte der Unternehmen setzt auf sogenannte Employee bzw. Manager Self Services, also Anwendungen, über die Mitarbeiter oder Führungskräfte bestimmte Standardaufgaben selbst übernehmen, zum Beispiel die Pflege eigener Daten wie Bankverbindungen, Familienstand etc.
  • Nur 50% der Studienteilnehmer nutzen eine elektronische Personalakte.
  • In nur einem von fünf Unternehmen sind vom Unternehmen gestellte Smartphones oder Tablets flächendeckend verbreitet.
  • Nur in jedem zweiten Unternehmen haben alle Mitarbeiter Zugriff auf die HR-Kernanwendungen.
 
„Die Einführung einer E-Akte allein wird den Digitalisierungsgrad von HR nicht dramatisch verbessern, aber es ist ein Einstieg. Letztlich braucht es aber eine integrierte Sicht auf alle Technologien und Anwendungen und auch das geschulte Personal“, bilanziert Colin Stein, Studienautor und hkp/// Consultant.
 
3) Soziale Medien und Recruiting als Katalysator der Digitalisierung
Unter den Personalkernprozessen, die am stärksten durch IT-Lösungen unterstützt werden, nimmt das Recruiting unangefochten die Spitzenposition ein (81%), gefolgt von Learning (54%), Performance Management (46%), Vergütung (43%) und Nachfolgeplanung (20%).
 
Die Spitzenposition des Recruitings ist aus Sicht der Studienautoren der Tatsache geschuldet, dass hier der Umgang mit Daten noch weniger sensitiv ist. Der allgemein in Deutschland sehr hohe Datenschutz greift erst für Mitarbeiterdaten.
 
Ein zweiter Grund ist die enge Verzahnung des Recruitings mit sozialen Medien und dem damit verbundenen Beitrag zum Employer Branding. Neben der eigenen Website können Unternehmen vermehrt über Facebook, Twitter etc. auf sich aufmerksam machen, Individuen werden gezielt angesprochen und offene Stellen durch präzises Zielgruppenmarketing automatisiert beworben. Mit Hilfe entsprechender HR-Tools werden Online-Bewerbungen effizient eingeholt und bearbeitet.
 
4) IT, Infrastruktur etc. allein machen noch keinen digitalen Champion
Als besonders markant haben sich aus den Studienergebnissen die „digitale Kultur“ und „Veränderungsfähigkeit und -bereitschaft“ als Treiber für den Digitalisierungsgrad von HR herausgeschält. Für die Studienautoren ist dies ein Beleg dafür, dass auf dem Weg zu einem höheren digitalen Reifegrad von HR neben dem Können auch das Wollen entscheidend ist. Und zum Wollen gehört eine Kultur, die Fehler im Umgang mit den neuen Technologien zulässt, und auch ein Bewusstsein, nicht von heute auf morgen ein digitaler Champion zu werden.
 
Mit Blick auf die Reife der digitalen Kultur in HR zeigen die im Rahmen der Studie angewandten Cluster-Analysen zum Teil überraschende Ergebnisse. Beispielsweise ist ein höherer digitaler Reifegrad keineswegs ein Garant für ansteigende Effizienz. Unternehmen, die sich in der Einführung einer digitalen Kultur befinden, weisen eine deutlich schlechtere Betreuungsquote (Anzahl Mitarbeiter in HR zu Gesamtunternehmen) auf als die „klassischen Traditionalisten“ also Unternehmen, die sich derzeit noch so gut wie gar nicht mit Aspekten der Digitalisierung beschäftigen. Das zeigt: Digitalisierung braucht eine Anschubfinanzierung und erlaubt frühestens mittelfristig Effizienzsteigerungen.
 
Das Überraschende an den Ergebnissen: Kein Studienteilnehmer sieht sich derzeit als digitaler Champion, der sowohl über eine ausgeprägte IT-Basis als auch IT-Kultur verfügt, also das Können und das Wollen miteinander verbindet. Der digitale Reifegrad definiert sich damit nicht allein in der Umsetzung von möglichst viel und teurer Technologie. Wichtig ist vielmehr, auch deren Nutzen, der wiederum maßgeblich durch eine entsprechende Kultur geprägt ist.
 
HR braucht selbst die Digitalisierung, muss sie aber auch im Unternehmen moderieren
hkp/// group Senior Partner Thomas Faltin bringt die Studienergebnisse auf den Punkt: „Nur wenn es HR vermag, die Herausforderungen im Zuge der Digitalisierung und der digitalen Transformation zu bewältigen, kann die eigene Positionierung als strategischer Partner des Managements, aber auch darüber hinaus die Positionierung des eigenen Unternehmens als digitale Organisation erfolgreich gelingen. In diesem Prozess muss HR als treibende Kraft agieren, die die unterschiedlichen Interessengruppen im Unternehmen und ihre Anforderungen zusammenbringt und so einen wesentlichen Beitrag zum digitalen Fahrplan für die Erreichung der Unternehmensziele leistet.“
 
Hintergrundinformation zur Studie
Die Studie „HR goes digital“ ist ein gemeinsames Projekt der hkp/// group mit der Dualen Hochschule Baden-Württemberg/Lörrach. Im Rahmen einer Online-Befragung haben HR-Experten und –Entscheider aus insgesamt 138 Unternehmen unterschiedlichster Größe und Branche aus Deutschland, Österreich und der Schweiz teilgenommen. Die Auswertungen wurden auf Basis einer Reihe von statistischen Verfahren – von der Faktoren- über die Cluster- bis hin zur Diskriminanzanalyse – durchgeführt. Eine Zusammenfassung der Studienergebnisse kann formlos per Anfrage über die E-Mail-Adresse info@hkp.com angefordert werden.
* Photo by Markus Spiske on Unsplash