Gemeinsam mit der Global Equity Organization führt die hkp/// group auch 2019 die Global Equity Insights Studie durch – die weltweit größte Erhebung zur internationalen Marktpraxis aktienbasierter Vergütung. Die letzte Erhebung 2018 bestätigte, dass sich langfristige variable Vergütung als Vergütungsinstrument etabliert hat und sich Programme zur Mitarbeiterbeteiligung im Aufschwung befinden. Zur Dynamik und Intensität dieser Entwicklungen sowie zu den Vorteilen von aktienbasierter Vergütung und Mitarbeiterbeteiligung sprach hkp.com mit den hkp/// group Vergütungsexperten David Voggeser und Andrew Thain.

Herr Voggeser, Herr Thain, Unternehmen nehmen seit Jahren große Anstrengungen auf sich, um ihre Führungskräfte und Mitarbeiter aktienbasiert zu vergüten und somit eine Aktienkultur zu entwickeln. Was hat sich im letzten Jahr diesbezüglich verändert?
David Voggeser: Wir sehen weltweit eine ungebrochene Tendenz zum Rückgriff auf aktienbasierte Elemente im Rahmen der Vergütung von Fach- und Führungskräften in Unternehmen. Allerdings zeigt sich, dass nationale regulatorische Vorgaben einerseits als Hürde fungieren, anderseits auch Impuls für spezifische Umsetzungen sind.
Andrew Thain: Die Zahl der international tätigen Unternehmen steigt und damit auch die der strategischen Notwendigkeit, Vergütungskonzepte einheitlicher zu gestalten und optimal zu verwalten. Unterschiedliche lokale Rahmenbedingungen bei generellen Fragen der Durchführung von aktienbasierter Vergütung oder auch ganz technischen Aspekten wie Steuern, erweisen sich dabei als Hemmschuh.

Bevor wir zu den detaillierten Ergebnissen der GEIS-Analyse kommen: Was sind die Basisdaten zur Global Equity Insights Studie 2018?
Andrew Thain: Die bereits im sechsten Jahr in Folge zusammen mit der Global Equity Organization (GEO) durchgeführte Studie zählt zu den umfassendsten Analysen der weltweiten Marktpraxis aktienbasierter Vergütung. In der aktuellen Fassung haben rund 150 Unternehmen aus den stärksten Volkswirtschaften teilgenommen. Regionale Schwerpunkte sind Nordamerika und Europa. Aber sie ist nicht nur eine quantitative Bestandsaufnahme in puncto aktienbasierter Vergütung, sondern identifiziert auch Zusammenhänge von Vergütung und Unternehmenserfolg und bietet so Experten die Möglichkeit, unternehmenseigene Vergütungspläne mit erfolgversprechenden internationalen Ansätzen abzugleichen und entsprechend zu optimieren.
David Voggeser: Um tatsächlich valide Ergebnisse zu erhalten, setzen wir wie auch in den Vorjahren auf die Unterstützung von Professor Michael Wolff und seinem Team von der Universität Göttingen, die im Bereich der Wirkung von aktienbasierten Vergütung wie auch Mitarbeiterbeteiligung international zur wissenschaftlichen Speerspitze zählen.

Welche Rolle spielen die Sponsoren der Studie?
Andrew Thain: Bei den Sponsoren handelt es sich um Unternehmen, die als globale bzw. stark internationalisierte Organisationen ein hohes Interesse an validen weltweiten Daten, die ihnen Antworten geben auf zentrale Wirkungsmechanismen, insbesondere im Zusammenhang von aktienbasierte Vergütung und deren Einfluss auf die Performance von Mitarbeitern, Teams und das Gesamtunternehmen. In dieser Hinsicht bietet die Studie nahezu unvergleichbare Ergebnisse, gerade auch in den speziellen bzw. ausführlicheren Auswertungen, die abseits des öffentlichen Reports zur Verfügung stehen.
David Voggeser: Die teilnehmenden Unternehmen treiben aber auch ganz handfeste Themen wie Kosten und Prozesse in der Administration solcher Programme um. Das Konzept der Studie sieht vor, dass die grundsätzlichen Fragen relativ stabil bleiben, Jahr für Jahr aber von den Sponsoren gewünschte Spezialthemen hinzukommen können.

Eine zentrale Erkenntnis der Studie ist, dass erfolgreiche Unternehmen verstärkt auf Long-Term Incentives setzen. Hat Sie das überrascht?
David Voggeser: Diese Entwicklung hat sich bereits in den Vorjahren angedeutet. Die aktuelle Studie belegt nun, dass der Anteil aktienbasierter Langfristvergütung in erfolgreichen Unternehmen - gemessen am Return on Assets über drei Jahre - auf den oberen Hierarchieebenen signifikant höher ist als bei weniger erfolgreichen Unternehmen. Am deutlichsten sind die Unterschiede bei Vorständen und Mitgliedern der Geschäftsleitung. Hier liegt der Anteil langfristiger aktienbasierter Vergütungselemente an der Gesamtvergütung in besonders erfolgreichen Unternehmen um rund 8 Prozentpunkte über dem in weniger erfolgreichen Unternehmen.
 
Wie sieht es auf den Hierarchiestufen darunter aus?
Andrew Thain: Die Antwort auf genau diese Frage ist ein wichtiges Indiz für den Nutzen von aktienbasierter Vergütung. Denn die Studie belegt, dass in erfolgreichen Unternehmen ein größerer Teil der Belegschaft zur Teilnahme an den entsprechenden Programmen berechtigt ist.
 
Somit ist aktienbasierte Vergütung kein Thema, das nur das Top-Management betrifft?
Andrew Thain: Im Gegenteil, die Einbeziehung breiter Mitarbeitergruppen bietet erhebliche Chancen: Sie trägt zur verbesserten Aktienkultur im Unternehmen bei, fördert langfristiges Denken und Handeln der Mitarbeiter und schafft letztlich einen substanziellen ökonomischen Mehrwert.
David Voggeser: Allerdings nimmt die Verbreitung entsprechender Vergütungsprogramme mit absteigender Hierarchie deutlich ab – von 43 % für die Geschäftsführung auf 17 % für das mittlere Management. Aber auch auf tieferen Managementebenen ist ein deutlicher Trend zu einem stärkeren Rückgriff auf aktienbasierte Vergütung zu verzeichnen. Wir sind hier bei weitem noch nicht am Ende einer Entwicklung.

Handelt es sich dabei auch international um einen nachhaltigen Trend?
David Voggeser: Ja, wenngleich mit differenzierter regionaler Ausprägung. Es sind wesentliche Unterschiede zwischen den Weltwirtschaftsregionen zu erkennen. Mehr als 75 % der nordamerikanischen Unternehmen gewähren aktienbasierte Langfristvergütung auch im mittleren Management, und mehr als die Hälfte schließt weitere Mitarbeiter außerhalb des Managements in den Kreis der Berechtigten ein. Hingegen zählen in europäischen Unternehmen das mittlere Management und niedrigere Mitarbeiterebenen noch deutlich seltener zum Kreis der Berechtigten.

Sie hatten die Regulatorik als Hemmschuh einer stärkeren und uniformen Verbreiterung von aktienbasierter Langfristvergütung erwähnt. Gibt es weitere bremsende Faktoren und wie gehen die Unternehmen damit um?
Andrew Thain: Im Vergleich zu den frühen Ergebnissen der Global Equity Insights Studie zeigt sich, dass die Unternehmen aus Fehlern gelernt haben. So wurde maßgeblich auf einfachere Plandesigns gesetzt wie auch stark in die Kommunikation der Pläne investiert. Im Ergebnis stieg zum Beispiel die Teilnahmerate in der Mitarbeiterbeteiligung weltweit deutlich, von 34 % auf 41 %.
David Voggeser: Die Unternehmen wollen weiter optimieren, sehen sich allerdings im Spagat zwischen einem länderübergreifend erhöhten Administrationsaufwand und den Vorteilen einer optimierten Ausgestaltung. Insbesondere bei Konzernen mit Tochtergesellschaften in sich schnell entwickelnden Branchen wie im Technologie-Sektor gibt es die Tendenz zur Anpassungen bei Plantypen wie auch bei Ausübungskriterien.

Laut Studie intendieren knapp 20% der Unternehmen dazu ihre aktenbasierten Pläne für unterschiedliche Industrien anzupassen. Ist dies ein hoher Wert?
David Voggeser: Aus unserer Sicht absolut ja. Denn dies wiederspricht gewissermaßen dem allseits sichtbaren Standardisierungstrend. Gerade internationale Unternehmen möchten ihre aktienbasierten Vergütungspläne möglichst einheitlich gestalten und einfach administrieren. Sie streben eine globale Harmonisierung an.
 
Wie erklären Sie sich diese Entwicklung?
David Voggeser: Eine Erklärung sehen wir in der Notwendigkeit stärker auf individuellere Anforderungen von spezifischen Branchen einzugehen. Dies trifft insbesondere für Konzerne zu, die inzwischen neben klassischen Industrien auch im Bereich Technologie / Software / Digitalisierung aktiv sind.
Andrew Thain: In genau diesen Industrien sehen wir große Unterschiede zu den klassischen Industrien bei dem LTI-Anteil, also Vergütung mit höherem Chancen-/ Risiko-Profil und auch stärkerer Fokussierung auf Aktien. Dies müssen die Unternehmen in ihren Plänen abbilden.
 
Herr Thain, Herr Voggeser, vielen Dank für das Gespräch!
Autor David Voggeser

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