Eine aktuelle Studie aus dem hkp/// group Beratungsbereich Corporate Governance Advisory hat die Abstimmungsrichtlinien der 15 einflussreichsten Investoren in DAX-Unternehmen sowie den wichtigsten Stimmrechtsberatern ISS und Glass Lewis mit Blick auf wesentliche Erwartungen in puncto Nachhaltigkeit analysiert.

Zentrale Ergebnisse verriet hkp/// group Senior Partner Regine Siepmann bereits in einem Gastkommentar für die Börsen-Zeitung (jetzt downloaden). Gemeinsam mit hkp/// group Director Nils Brawanski fasst sie diese für hkp.com wie folgt zusammen.

Zwischen Lippenbekenntnis und Strategienotwendigkeit

Investoren-Erwartungen an Nachhaltigkeit 

Anstoß für diese Untersuchung war der zunehmende Fokus institutioneller Investoren auf Nachhaltigkeit in der Anlage und ein nachhaltiges Wirtschaften ihrer Investments. Allerdings weichen die konkreten Vorstellungen zum Teil erheblich voneinander ab und sind in sich nicht immer konsistent. Während US-amerikanische Vertreter, die die Mehrheit der Top-15 Investoren im DAX stellen und rund 70 % des von den Top-15 verwalteten Kapitals (Assets under Management) im DAX repräsentieren, oftmals keine expliziten Forderungen zu Nachhaltigkeit formulieren, beziehen europäische und speziell deutsche Investoren hier eine klare Position. 

Nachhaltigkeit in der Vorstandsvergütung

Exemplarisch dafür steht die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitszielen in der Vorstandsvergütung. So will Allianz Global Investors auf Hauptversammlungen konsequent gegen die Billigung von Vergütungssystemen und -berichten ohne darin integrierte Nachhaltigkeitsziele stimmen. Die konkrete Ausgestaltung überlassen sie hingegen den Unternehmen. Anders Union Investment, die einen stärkeren Fokus auf der Art und Weise der Implementierung von Nachhaltigkeitszielen legen, wobei präzise Anforderungen an deren Ausgestaltung formuliert werden. Diese sollen aus der Strategie abgeleitet werden, messbar, transparent und nachprüfbar sowie in der langfristigen variablen Vergütung verankert sein.

US-amerikanische Investoren sowie Stimmrechtsberater im Studienfeld fordern hingegen keine obligatorische Integration von Nachhaltigkeitszielen in die Vorstandsvergütung. Jedoch legen sie ihr Augenmerk auf die Art und Weise einer möglichen Implementierung und formulieren Rahmenbedingungen. Insgesamt steht hier das Pay-for-Performance im Vordergrund. Capital Group geht sogar so weit, Aktionärsanträge, die Nachhaltigkeitsziele in der Vorstandvergütung fordern, grundsätzlich abzulehnen. 

Nachhaltigkeit im Aufsichtsrat

Weitere Diskrepanzen in den Forderungen der Top-Investoren lassen sich in puncto Nachhaltigkeitskompetenzen im Aufsichtsrat beobachten. Seitens der US-Investoren werden derartige Erwartungen nicht formuliert oder nur in Ausnahmen gefordert. Dagegen stellen europäische Investoren Anforderungen an Nachhaltigkeitsexpertise in Aufsichtsräten und fordern, dass deren Mitglieder entsprechende Kompetenzen nachweisen können. Die Bildung von speziellen Nachhaltigkeits-Ausschüssen im Aufsichtsrat wird  hingegen weder von US- noch von europäischen Investoren explizit gefordert.

Insgesamt belegt die aktuelle Analyse fundamentale Unterschiede zwischen europäischen und US-amerikanischen Vertretern in ihren Erwartungen an Nachhaltigkeit. Gleichzeitig stehen in manchen Fällen die in den Abstimmungsrichtlinien diesbezüglich angeführten Punkte den öffentlichen Äußerungen bei Weitem nach.

Frühzeitig den Dialog mit Investoren suchen

Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen sollten sich von dieser Diskrepanz nicht verunsichern lassen. Idealerweise suchen sie frühzeitig den Dialog mit ihren Investoren. Ziel sollte sein, alle wesentlichen Aspekte der Verankerung von Nachhaltigkeit in den klassischen Aufsichtsratsthemen der Organisation und Zusammenarbeit, der Kompetenzen und Zusammensetzung sowie der Steuerung und Vergütung angemessen bzw. zielführend im Sinne des Unternehmens wie auch seiner Kapitalgeber zu definieren. 


Gastkommentar in der Börsen-Zeitung downloaden

 

Autor Regine Siepmann

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