Die Zukunft des Personalmanagements ist datenbasiert und man sollte sich langsam auf den herausfordernden, jedoch lohnenswerten Weg machen– so ein Fazit des PPA Summit: The Power of HR Data, den die Ludwig-Maximilians-Universität München, das ifo Institut und die hkp/// group am 13. Oktober in der Scholastika des Akademischen Gesangsvereins in München veranstalteten.

Der Zukunftsdialog in historischer Kulisse zeigte über 120 Teilnehmenden in Form von Keynotes, Impulsen und Workshops renommierter Wissenschaftler:innen sowie HR-Verantwortlichen Potenziale, Praxisbeispiele und wissenschaftliche Erkenntnisse zur evidenzbasierten Personalarbeit auf. Gleichzeitig wurden zentrale Herausforderungen benannt, die für die Umsetzung einer effektiven und verantwortungsvollen Arbeit mit Daten im Personalwesen entscheidend sind. 

Das Potenzial von HR-Daten 

Datengetriebene Personalarbeit ersetzt das Bauchgefühl in HR durch Evidenz und gibt Personalverantwortlichen somit die Möglichkeit – ebenso wie Kolleginnen und Kollegen aus Marketing und Finance – anhand von messbaren Kennzahlen zu argumentieren, unterstrich beispielsweise Janina Kugel, Multi-Aufsichtsrätin und Advisor, in ihrer Keynote.

Prof. Dr. Clemens Fuest, Präsident des ifo Instituts, konkretisierte den Nutzen von HR-Daten in der ersten Panel-Diskussion anhand von drei Kernbereichen: So ließen HR-Daten potenziell nachvollziehen, wie sich Maßnahmen in der Vergangenheit ausgewirkt haben (Forensik), sie zeigen potenziell an, was gerade vor sich geht (Realtime Analyse) und sie können mitunter zukünftige Entwicklungen vorhersehbar bzw. berechenbar machen (Predictive Analytics). Diese Möglichkeit, so kam es in den unterschiedlichen Beiträgen der Konferenz zum Ausdruck, ist für viele Anwendungsgebiete in HR von höchster Relevanz: vom Recruiting, der Bekämpfung von Fluktuation und der Bindung von Mitarbeitenden bis hin zum Skill oder Diversity Management. Denn die Daten liefern Antworten oder zumindest wichtige Hinweise zu aktuell besonders drängenden Fragen in diesen und weiteren Anwendungsfeldern.

Dies machte u.a. Dr. Ingrid Hägele, LMU, anhand einer lang angelegten Diversity-Studie in einem Konzern deutlich. Hier ließen die Daten Rückschlüsse auf Motive und Stellen zu, die dafür sorgen, dass weibliche Mitarbeitende den Karrierepfad verlassen – und somit weniger Frauen in Führungspositionen zu verzeichnen sind. Ivana Dedus, Geschäftsführerin Personal, Finanzen, IT, DB Zeitarbeit, lieferte in einem Workshop die passende Praxisperspektive und zeigte wie Online Analytics im Frauen-Recruiting behilflich sind. hkp/// group Senior Partnerin Petra Knab-Hägele erläuterte wiederum, wie Mitarbeiter-, Organisations- und Vergütungsdaten in Kombination strukturelle Probleme und Optimierungsbedarfe aufzeigen – und so zu einem wertvollen Instrument der Unternehmenssteuerung werden können, das beispielsweise beantwortet, welche Personalausstattung es für bestimmte, anvisierte Unternehmensziele benötigt. 

HR-Daten: Vom Bauchgefühl zum Key Player für die strategische Unternehmenssteuerung

HR-Daten sind somit auch außerhalb von HR relevant für das gesamte Unternehmen. „Noch spielen HR-Daten in Aufsichtsräten keine große Rolle, doch das kommt!“, prognostizierte beispielsweise Janina Kugel. Insofern hat datenbasierte Personalarbeit langfristig das Potenzial, die Wahrnehmung des Personalmanagements innerhalb von Unternehmen entscheidend zu verändern: Weg von der Abteilung, die ohne Datengrundlage anhand von weichen Faktoren und Bauchgefühl entscheidet, hin zum strategischen Key Player, der höchst relevante Daten zur Entwicklung und Steuerung der Organisation liefert, unterstrich auch PPA Summit Gastgeber Prof. Dr. Florian Englmaier, Professor für Organisationsökonomik, Dekan der Volkswirtschaftlichen Fakultät an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und Direktor der Predictive People Analytics Initative (PPA). 

Dass hierzu letztlich auch der stärkere Fokus von institutionellen Investoren auf Mitarbeiterbelange beitragen wird, der im Zuge von ESG-Kriterien eine immer größere Rolle spielt, arbeitete die von Handelsblatt-Reporterin Larissa Holzki moderierte Podiumsdiskussion zwischen hkp/// group Partnerin Petra Knab-Hägele, Dr. Vanda Rothacker (ESG Analyst der Union Investment), Prof. Dr. Theo Siegert (Multi-Aufsichtsrat), und Gina Vargiu-Breuer (Senior Vice President Global HR, Siemens Energy) heraus. Das Fazit: Auch der Kapitalmarkt verlangt wesentliche, industriespezifisch vergleichbare und in der Entwicklung nachvollziehbare KPIs zu Mitarbeiterbelangen, die es zu erheben gilt – doch Standards, was genau in welcher Form berichtet wird, befinden sich noch im Aushandlungsprozess. Hier bedarf es eines intensiveren Engagement-Prozesses zwischen Unternehmen und Investoren, bei dem HR zukünftig stärker gefragt ist.

Herausforderungen auf dem Weg zur datengetriebenen Personalarbeit

Neben den Potenzialen datengetriebener Personalarbeit wurden in den unterschiedlichen Beiträgen der Referent:innen auch eine Vielzahl an Herausforderungen benannt, die es zu lösen gilt. Die gute Nachricht: Einige Unternehmen haben sich bereits auf den Weg gemacht und bieten beeindruckende Beispiele. Von ihren Erfahrungen sollte man lernen, machten viele Referent:innen den Anwesenden Personalverantwortlichen Mut. Zudem biete sich auch eine Kooperation mit der Wissenschaft an, um Daten zu erheben und auszuwerten, so Dr. Ingrid Hägele in ihrem Research Insight. Die ernüchternde Nachricht: Der Weg zur systematischen, datengetriebenen Personalarbeit ist lang und mitunter holprig, so kam es in vielen Vorträgen zum Ausdruck.

Zusammengefasst: Zuallererst sind die Möglichkeiten im Rahmen des Datenschutzes auszuloten und eigentlich bräuchte es auch vom Gesetzgeber mehr Spielraum. Wichtig ist auch Akzeptanz zu schaffen. Mitarbeitende sollten am besten frühzeitig mit auf die Reise genommen werden, indem ihnen die Vorteile datenbasierter Personalarbeit erläutert werden. Denn nicht nur die Unternehmen, sondern auch Beschäftigte können davon profitieren, beispielsweise in Form von individuelleren Entwicklungsangeboten, einem angenehmeren Arbeitsumfeld und schnelleren HR-Services. Es braucht zudem Transparenz: Mitarbeitende müssen wissen, welche Daten wozu und in welcher Form (anonymisiert vs. personalisiert) verarbeitet werden. So ließe sich auch die Bereitschaft zur freiwilligen Abgabe persönlicher Daten erhöhen.

Voraussetzungen für evidenzbasierte Personalarbeit mit HR-Daten schaffen

Benötigt wird weiterhin mehr digitale Kompetenz in HR, um die zum Einsatz kommenden Tools in ihrer Funktionsweise und Tragweite zu verstehen. Darüber hinaus braucht es Data Analysts, die sich mit der Generierung, Auswertung und Interpretation von Daten auskennen. Im Idealfall sollten schon im Vorfeld Ziele für die Datenanalyse definiert werden: Was will man erfahren? Was will man ändern? Dann braucht es die entsprechende IT-Infrastruktur, die nicht aus unzähligen nebeneinanderstehenden Tools besteht, sondern über Schnittstellen verfügen muss, die das Generieren von „Data Lakes“ als Quellen der Datenanalyse ermöglicht. Fundamental wichtig dabei: die Gewährleistung einer hohen Datenqualität – andernfalls könnten die Ergebnisse in die Irre führen und damit falsche Entscheidungen über Menschen getroffen werden. Insofern müssen beim Thema HR-Daten auch ethische Fragestellungen Beachtung finden. 

Auf der Konferenz geschah dies durch den Workshop des Ethikbeirats HR-Tech von Dr. Elke Eller, Aufsichtsrätin und Investorin, und Prof. Dr. Martin Kersting, Professor für Psychologische Diagnostik an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Gemeinsam mit den Teilnehmenden diskutierten sie Operationalisierungsmöglichkeiten für einige der zehn vom Ethikbeirat HR-Tech entwickelten Richtlinien für den verantwortungsvollen Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Personalmanagement.

Angesichts dieser enormen Herausforderungen und dem Status-quo der Digitalisierung im Personalwesen, statuierten viele Referent:innen, dass es jetzt erstmal darum gehen muss, für die „digitale Readieness“ zu sorgen, sich auszutauschen und Use Cases zu schaffen von denen andere Unternehmen lernen können. Hierzu hat der erste PPA Summit zum Thema The Power of HR Data von LMU, ifo Institut und hkp/// group einen wertvollen Beitrag geleistet. 
 

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Video-Interviews vom PPA-Summit

Autor Constantin Härthe

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