In stark umkämpften Märkten ist eine gelebte Leistungskultur ein entscheidender Wettbewerbsvorteil. Eine exemplarische Branche sind hierbei Versicherungen. Sie sind als Dienstleister im harten Wettbewerb in besonderem Maße auf die Leistung ihrer Mitarbeiter angewiesen. Vor dem Hintergrund der Neuerscheinung eines Buches zum Thema „Change Management in Versicherungsunternehmen“ sprach hkp.com mit den hkp/// Experten Dr. Harriet Sebald und Frank Gierschmann zur Etablierung einer gelebten Leistungskultur durch die konsequente Nutzung von Performance Management in Unternehmen. 
 
Frau Dr. Sebald, Herr Gierschmann, was ist ihr Verständnis von Performance Management?
Dr. Harriet Sebald: In jedem Unternehmen tauschen sich Führungskräfte mit ihren Mitarbeitern über Aufgaben und Erwartungen aus – unabhängig davon, ob und inwieweit diese Erwartungen über formale Systeme operationalisiert sind. Hinter Performance Management verbirgt sich ebendieser Umgang mit Leistung im Unternehmen. Ein konsequentes Performance Management sorgt für Vergleichbarkeit bei der Bewertung von Leistung, stellt Qualitäts- und Verhaltensstandards sicher und ermöglicht die Verknüpfung mit weiteren Unternehmens- und Personalprozessen.
 
Personalmanager und Führungskräfte sprechen in Verbindung mit Performance Management gerne von einer Leistungskultur in ihren Unternehmen – was verbirgt sich dahinter?
Dr. Harriet Sebald: Leistungskultur lässt sich als das Streben der Organisation und ihrer Mitarbeiter nach hoch gesteckten Zielen bezeichnen. Neben klassischen wirtschaftlichen Zielen bezieht sich Leistung dabei zunehmend auch auf ein Verhalten gemäß des Unternehmenskodex und der Führungskompetenzen.
Frank Gierschmann: Unternehmen mit ausgeprägter Leistungskultur zeichnen sich typischerweise dadurch aus, dass sie ihr Performance Management aktiv gestalten und über einen unternehmensweit etablierten Prozess unterstützen und steuern. Diese Unternehmen machen den Leistungsgedanken zum Teil der Unternehmenskultur.
 
Worin genau unterscheiden sich Unternehmen mit einer hohen Leistungskultur von ihren Wettbewerbern?
Dr. Harriet Sebald: Konkret lassen sich eine Reihe wesentlicher Unterschiede festhalten: Erstens, Leistung ist explizites Thema in der Organisation, insbesondere für Führungskräfte. Eine Konsequenz daraus ist regelmäßiges und konkretes Feedback. Zweitens, Leistungsbeurteilungen sind transparenter und fairer. Zudem trauen sich Unternehmen mit einer ausgeprägten Leistungskultur eher zwischen Top- und Minder-Leistern zu differenzieren.
Frank Gierschmann: Und letztlich ergibt sich auch eine weitere Beobachtung: Leistung zahlt sich aus – sowohl in Form von finanziellen Konsequenzen als auch in Form von attraktiven Karrierechancen für Top-Leister.
 
Frau Dr. Sebald, in Ihrem Workshop auf dem Deutschen Vergütungstag 2014 lag der Schwerpunkt auf dem Thema Konsequenz-Management. Wo ist hier die Verbindung zum Performance Management – und warum ist dieses Element so wichtig?
Dr. Harriet Sebald: Die Einführung und Durchführung eines Performance-Management-Prozesses ist nur der erste Schritt. Damit er ernst genommen wird und die Leistungskultur fördern kann, ist es entscheidend, dass im Ergebnis zwischen High und Low-Performern und möglicherweise Potentialträgern differenziert wird. Konkret bedeutet das, dass nach der Kalibrierung der individuellen Leistungsbewertungen in den Führungskräftekonferenzen, oft auch Panels genannt, individuelle Konsequenzen in die Wege geleitet werden.
 
…womit wir wieder bei dem dritten der von Ihnen angesprochenen Punkte wären, was Unternehmen mit einer besonderen Leistungskultur auszeichnet…
Frank Gierschmann: Genau. Konsequenzen können grob in die Bereiche Vergütung und Entwicklung unterschieden werden. Traditionell orientierten sich Vergütungskonsequenzen eher an den individuellen Ergebnissen eines Mitarbeiters, das heißt der klassischen Zielerreichung. Im Vergleich dazu basieren Entwicklungskonsequenzen typischerweise auf der Kompetenz- und Potentialbeurteilung eines Mitarbeiters. Der Trend geht jedoch insgesamt mehr in Richtung einer ganzheitlichen Betrachtung von Konsequenz-Management.
Dr. Harriet Sebald: Wir sprechen in diesem Kontext von Konsequenz-Schatullen, die Führungskräften für die Ableitung individueller Konsequenzen für ihre Mitarbeiter zur Verfügung stehen. Mitarbeiter denken ohnehin ganzheitlich über ihre Karriere und erleben Wertschätzung nicht nur in Form von Gehalt und Bonus, sondern insbesondere durch nicht-monetäre Konsequenzen. Der Trend geht daher zu flexiblen Modellen, die der Führungskraft erlauben, die die jeweiligen Mitarbeiter passenden Konsequenzen abzuleiten.
 
In dem im November erschienen Buch „Change Management in Versicherungsunternehmen“ diskutieren Sie als Autoren auch die Rolle von Performance Management für Veränderungsprozesse. Wo kann Performance Management hierbei ansetzen?
Dr. Harriet Sebald: Im Rahmen von Change-Initiativen stellt Performance Management ein wertvolles Instrument dar, das helfen kann ein gemeinsames Verständnis für die Ziele eines Veränderungsprozesses zu schaffen und die Leistungsbereitschaft innerhalb der Belegschaft zu steigern. Beide Leistungsdimensionen - Ziele und Kompetenzen - bieten die Möglichkeit, Inhalte von Veränderungsprozessen aufzugreifen und den gewünschten Wandel im Unternehmen voranzutreiben.
Frank Gierschmann: Change-Initiativen wie Restrukturierungen, umfangreiche Sparmaßnahmen oder strategische Neuausrichtungen lassen sich in Form von Zielvorgaben auf Ebene des Individuums verankern. Die Messung von Kompetenzen, das heißt des Verhaltens von Mitarbeitern, eignet sich besonders für die Unterstützung kultureller Veränderungen, wie die Einführung einer neuen Führungskultur oder neuer Unternehmenswerte und hilft bei der unternehmensweiten Compliance - vor allem in großen Konzernen.
 
Wer einen größeren Change-Prozess vor sich hat, kommt also am Thema Performance Management nicht vorbei?
Dr. Harriet Sebald: Absolut! Nahezu jeder Vorstandsvorsitzende oder CEO, der von außen in ein Unternehmen kommt, nutzt die Definition bzw. Überarbeitung von Unternehmenswerten, um einen kulturellen Wandel auf Basis des eigenen Führungsverständnisses anzustoßen. Durch die Einbettung in das Performance Management und die Verknüpfung mit Konsequenzen in Form von Vergütung und Entwicklung entfalten solche Maßnahmen eine große Wirkung.
Frank Gierschmann: What you measure, is what you get! Diese Aussage trifft insbesondere auch für das Performance Management zu.
 
In wie weit unterscheiden sich denn Versicherungen von Unternehmen anderer Branchen?
Dr. Harriet Sebald: Obgleich des langfristigen Geschäftsmodells steht die Versicherungsbranche vor einer Vielzahl an Herausforderungen: Stärkere Konkurrenz, insbesondere im Direktvertrieb, gestiegener Kostendruck, Transparenz und Digitalisierung – um nur ein paar zu nennen. In einer solchen Unternehmenssituation ist solides Performance Management besonders wichtig um die Mitarbeiter mitzunehmen und den Herausforderungen der Zukunft mit einer starken Belegschaft zu begegnen. Neben den großen internationalen Versicherern sind es zunehmen auch die eher auf den deutschen Markt fokussierten Versicherer, die in Sachen Performance Management die Initiative ergreifen und Ihre Prozesse auf Vordermann bringen.

Frau Dr. Sebald, Herr Gierschmann, herzlichen Dank für das Gespräch!
Autor Dr. Harriet Sebald

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