Frankfurt am Main, 19. September 2012. Die Bevölkerung in Deutschland ist grundsätzlich überzeugt von den Vorteilen variabler, leistungsorientierter Vergütungen und würde diese mehrheitlich auch für sich selbst in Anspruch nehmen. Zugleich stehen aber die gesetzlichen und regulatorischen Vorgaben für die Top-Management-Vergütung, insbesondere für die Begrenzung der Vergütungshöhen, in der öffentlichen Kritik. Die Unternehmenspraxis dagegen zeigt: Die führenden börsennotierten Firmen Deutschlands entsprechen den Anforderungen des Deutschen Corporate Covernance Kodex (DCGK) zur Arbeit mit Vergütungsobergrenzen (CAPs) für den Fall außerordentlicher Entwicklungen. Darüber hinaus haben sie freiwillig vielfältige Mechanismen zur Begrenzung der individuellen Vergütungshöhen ihrer Top-Manager implementiert.

Zu diesem Fazit kommt die auf Performance Management und Vergütung spezialisierte Unternehmensberatung Hostettler, Kramarsch & Partner (hkp///) auf Basis aktueller Studien: Einer nach 2011 zum zweiten Mal für hkp/// durch die Marktforschungsinstitute GfK und Demoscope durchgeführten Bevölkerungsumfrage zur öffentlichen Wahrnehmung von Management-Vergütung in Deutschland; sowie einer aktuellen hkp/// Analyse zur Verbreitung und zu den Mechanismen der Begrenzung von Vorstandsvergütungen auf Basis der Geschäftsberichte der DAX-Unternehmen. Beide Analysen zusammen geben eine Gesamtschau der öffentlich wahrgenommenen und tatsächlichen Situation in puncto Top-Management-Vergütung in Deutschland.

Für hkp/// Managing Partner Michael H. Kramarsch zeigen die Ergebnisse, wie weit öffentliche Wahrnehmung und Marktpraxis in Fragen der Vergütungsbegrenzung auseinander liegen. „Auf der einen Seite sehen wir eine der variablen Vergütung gegenüber aufgeschlossene Bevölkerung, die aber den gesetzlichen und regulatorischen Neuregelungen zur Vorstandsvergütung nicht traut. Ihr ist aber zugleich die konkrete Situation in den Unternehmen nicht bekannt. Auf der anderen Seite gehen die Unternehmen mit ihren Maßnahmen zur Vergütungsbegrenzung über die regulatorischen und gesetzlichen Vorgaben hinaus, präsentieren in diesem sensiblen Thema aber ihre Botschaften nicht klar und offensiv genug.“ Der Vergütungs- und Corporate-Governance-Experte erkennt in der kritischen Haltung der Bevölkerung daher in erster Linie ein Vermittlungsthema. „Wir haben in Deutschland kein ‘Systemproblem‘ Top-Management-Vergütung, sondern vor allem ein Vermittlungsproblem, das vor allem die Unternehmen und ihre Aufsichtsräte in Angriff nehmen müssen“, so Michael H. Kramarsch.

Die Wahrnehmung von Management-Vergütung in Deutschland

Die repräsentative Bevölkerungsumfrage im Auftrag von hkp/// belegt eine intensive und differenzierte Auseinandersetzung der deutschen Öffentlichkeit mit dem Thema Management-Vergütung. So befürwortet wie im Vorjahr eine klare Mehrheit der Studienteilnehmer die variable, leistungsabhängige Vergütung: 82% schreiben ihr eine hohe motivierende Wirkung zu; etwas mehr als die Hälfte (52%) präferiert eine solche Vergütung für sich selbst.

Mehr denn je werden Unternehmen mit leistungsabhängigen Lohnsystemen als attraktivere Arbeitgeber eingestuft, denen es gelingt, bessere Mitarbeiter zu gewinnen (2012: 70% Zustimmung, 2011: 64%). Die Zustimmungsquote zu diesen Fragen ist wie im Vorjahr in den höheren Alters- und Einkommensgruppen am stärksten ausgeprägt.

Die positive Sicht der Öffentlichkeit auf variable Vergütung wird kontrastiert durch eine hoch kritische Einstellung gegenüber der Top-Management-Vergütung. Mehr als zwei Drittel der Deutschen interpretieren überzogene Bonuszahlungen als grundlegendes Problem des Systems (69%). Selbst in der höchsten Bildungsgruppe, die höheren Vergütungen eher aufgeschlossen ist, stimmen 64% der Befragten dieser Aussage zu. Allerdings ist hier wie auch bei Angehörigen der mittleren Verdienstgruppe (1.500 bis 3.000 Euro Haushaltseinkommen) eine Verschiebung zur Einzelfall-Perspektive zu verzeichnen.

Der Anteil der Bevölkerung, der die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Management-Vergütung als nicht geeignet erklärt, ist gegenüber 2011 um sechs Prozentpunkte auf 64% gestiegen. Insgesamt wird den Unternehmen ein schlechtes Zeugnis in der Kommunikation zur Top-Management-Vergütung ausgestellt. Wie im Vorjahr erachten rund acht von zehn Befragten die vertrauensbildenden Maßnahmen der Unternehmen in diesem Thema als nicht ausreichend. Entsprechend fällt das Votum für die Festlegung von Obergrenzen in der Top-Management-Vergütung aus: Wie 2011 stimmen 77% der Befragten hier zu. Diese klare Meinung zieht sich durch alle Befragungsgruppen.

Der Blick in die Unternehmen: Vergütungsobergrenzen weit verbreite Marktpraxis 

Im Kontrast dazu stehen die Ergebnisse einer aktuellen hkp/// Analyse zur generellen Verbreitung und Art der Nutzung von Vergütungsobergrenzen (CAPs) in den 30 DAX-Unternehmen. Demnach hat keines der Unternehmen im Rahmen der Entsprechenserklärung zum Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) eine Abweichung bei der Begrenzung der Vorstandsvergütung im Falle außerordentlicher Entwicklungen angegeben. Im Umkehrschluss heißt das: Alle DAX-Firmen haben diese Vorgabe auch implementiert. Zugleich sind CAPs in der Vorstandsvergütung für den normalen Geschäftsverlauf durchgehende Praxis in allen DAX-Unternehmen, obwohl diese weder gesetzlich gefordert noch der Bericht darüber verpflichtend sind. Allerdings informieren noch nicht durchgehend alle DAX-Unternehmen zu ihren spezifischen Regelungen in der Begrenzung der Vorstandsvergütung.

Die Begrenzungsregelungen gelten insbesondere für die variablen Vergütungselemente und haben eine stark unternehmensspezifische Ausrichtung. So arbeiten in der einjährigen variablen Vergütung 24 DAX-Unternehmen mit einer Begrenzung des absoluten Betrags bzw. erlauben durch Zusatzangaben zur Struktur eine Ermittlung der Höchstwerte. Sechs DAX-Unternehmen machen hierzu keine Angabe. Auch bei den Langfristvergütungen sehen rund drei Viertel der Unternehmen (72%) eine fixe Begrenzung des Gesamtwerts der Auszahlung vor, zum Beispiel in % des Zielwerts oder der Direktvergütung. Von den anderen DAX-Unternehmen begrenzt rund ein Viertel (24%) die maximale Auszahlung in Stücken, zum Beispiel in Aktien. Lediglich ein DAX-Unternehmen macht hierzu keine Angaben.

Information und Aufklärung durch die Unternehmen ist unerlässlich 

Die Ergebnisse der hkp/// Analysen und Bevölkerungsumfrage illustrieren die Diskrepanz zwischen der öffentlichen Wahrnehmung von Top-Management-Vergütung und der konkreten Unternehmenssituation.

„Der breiten Öffentlichkeit ist offenbar nicht bekannt, dass Unternehmen für Sonderfälle CAPs für die Vergütung ihrer Vorstände gesetzt haben und darüber hinaus auch im normalen Geschäftsalltag über Regeln zur Begrenzung der Vergütungshöhen verfügen“, erklärt hkp/// Managing Partner Michael H. Kramarsch. Für den Corporate Governance- und Vergütungsexperten stehen vor allem die Unternehmen in der Verantwortung, ihre Vergütungsberichte transparenter und verständlicher zu gestalten „Unternehmen müssen sich der Realität stellen, dass öffentliche Meinung Politik beeinflusst – und die öffentliche Meinung zu Management-Vergütung ist eindeutig“, so Kramarsch. Der Corporate Governance- und Vergütungsexperte mahnt aber auch die Politik zum verantwortungsvollen Umgang mit dem Thema Vorstandsvergütung und fordert sinnvolle Regelungen. „Die Transparenz zur Management-Vergütung in Deutschland steckt in der Buchhaltungsfalle: Wir sehen vor allem, was sein könnte, nicht was tatsächlich ist. Transparenz lebt von der Vergleichbarkeit, diese ist durch die aktuellen Vorgaben ungenügend geregelt – das ist aber etwas, was Unternehmen nicht im Alleingang lösen können.“

Autor Michael H. Kramarsch

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