• Trend zu nachhaltigen Vergütungselementen manifestiert sich auch bei mittelgroßen börsennotierten Unternehmen in Deutschland
  • 12 Unternehmen verschließen sich dem individuellen Vergütungsausweis
  • Analyse „hkp/// Geschäftsberichtsauswertung Vorstandsvergütung MDAX 2011“ 

Frankfurt am Main, 01. Juni 2012. Eine heute präsentierte Analyse der aktuellen Geschäftsberichte von MDAX-Unternehmen durch die Beratungsgesellschaft Hostettler, Kramarsch & Partner (hkp///) belegt, dass die Direktvergütung von Vorstandsvorsitzenden der im Börsenindex MDAX geführten mittelgroßen Unternehmen 2011 im Durchschnitt auf rund 2,25 Mio. Euro gestiegen ist. Der Zuwachs in Höhe von 12,8% gegenüber dem Vorjahr fällt damit deutlicher aus als jener für die Unternehmenslenker in den großen börsennotierten Gesellschaften (DAX, +8%). Er bleibt jedoch hinter dem außerordentlichen Anstieg des Unternehmensgewinns im MDAX in Höhe von durchschnittlich 31,6% zurück.

Laut „hkp/// Geschäftsberichtsauswertung Vorstandsvergütung MDAX 2011“ zählen die Vorstandsvorsitzenden von Gerry Weber mit 4,18 Mio. Euro, EADS mit 4,08 Mio. Euro und von Fielmann mit 3,81 Mio. Euro zu den Spitzenverdienern im MDAX. Diese Werte bedeuten Platz 18 bis 20 der Top-Vergütungen von Unternehmenslenkern börsennotierter Unternehmen in Deutschland. Am Ende der MDAX-Vergütungsrangreihe finden sich die Bezüge für die Vorstandsvorsitzenden von Heidelberger Druck (0,86 Mio. Euro) und Deutsche EuroShop (0,67 Mio. Euro).

Bei der Zusammensetzung der Vergütung ist eine Verschiebung zu mehrjährigen variablen Vergütungskomponenten zu verzeichnen. So unterliegt knapp ein Drittel der für 2011 gewährten Bezüge von MDAX-Vorstandsvorsitzenden über bis zu vier Jahre einem Auszahlungsrisiko und kann in Abhängigkeit der Geschäftsentwicklung entfallen oder deutlich höher ausfallen. Zwei Jahre zuvor betrug der Anteil der mehrjährigen variablen Vergütung noch ein Fünftel der Direktvergütung. Der Anteil der traditionellen, sich am jährlichen Geschäftserfolg bemessenden einjährigen variablen Vergütung (Jahresbonus) beläuft sich bedingt durch den Geschäftserfolg in 2011 auf rund 38%.

„Wie für das Gros der großen börsennotierten Gesellschaften erweist sich das zurückliegende Geschäftsjahr für viele mittlere Unternehmen als sehr erfolgreich. Konsequenterweise schlägt sich dies auch in der Vergütung nieder“, erklärt Joachim Kayser, hkp/// Senior Partner. Der Studienautor verweist aber darauf, dass sich mit 12 von insgesamt 50 MDAX-Unternehmen eine relativ große Gruppe dem individuellen Vergütungsausweis verschließt. „Das Bild ist nicht komplett. Sich durch Eigentümervotum der Veröffentlichung von Vergütungsinformationen zu entziehen, ist gesetzlich legitim. Es schadet aber der Transparenz. Wer am Kapitalmarkt agiert, sollte für Offenheit auch in der Vergütung der eigenen Geschäftsleitung sorgen!“

Anteil der mehrjährigen variablen Vergütung seit 2009 verdoppelt 

Die durchschnittliche Direktvergütung (Grundvergütung plus ein- und mehrjährige variable Vergütung) eines Vorstandsvorsitzenden im MDAX für das Geschäftsjahr 2011 beträgt rund 2,25 Mio. Euro, nach 1,99 Mio. Euro in 2010.

Das Niveau der durchschnittlichen Grundvergütung erweist sich dabei als relativ stabil. So ist für diese Vergütungskomponente 2011 ein Anstieg in Höhe von rund 6,7% auf 0,73 Mio. Euro zu verzeichnen, nachdem es in den Vorjahren keine Veränderungen gegeben hatte. Damit ergibt sich über die Jahre 2009 bis 2011 hinweg ein moderater Zuwachs in Höhe von 3,3%.

Der Anstieg in der Direktvergütung von MDAX-Vorstandsvorsitzenden in Höhe von 12,8% gegenüber dem Vorjahr stützt sich somit vor allem auf stark gestiegene variable Vergütungskomponenten und hier insbesondere auf die einjährige variable Vergütung, den traditionellen Jahresbonus. Dieser stark durch den Unternehmenserfolg beeinflusste Vergütungsbestandteil ist um fast ein Viertel im Vergleich zu 2010 gestiegen (+24,7%).

Vor dem Hintergrund der durch das Gesetz zur Angemessenheit in der Vorstandsvergütung (VorstAG) geforderten stärkeren Nachhaltigkeit in der Vergütung hat sich zudem der Anteil der gewährten mehrjährigen variablen Vergütung an der Direktvergütung erhöht. Dieser beläuft sich für die MDAX-Vorstandsvorsitzenden nach einem Anstieg um 6,9% für 2011 im Durchschnitt auf 0,69 Mio. Euro. Gegenüber dem Jahr 2009 hat sich der Anteil dieser Vergütungskomponente damit mehr als verdoppelt.

„Während wir im DAX eine rückläufige Entwicklung beim traditionellen Jahresbonus sehen, ist bei den MDAX-Unternehmen dieser kurzfristige variable Vergütungsbestandteil im zurückliegenden Geschäftsjahr deutlich gestiegen“, erläutert Studienautor und hkp/// Partner Dirk Filbert. „Diese gegenläufige Entwicklung ist einerseits bedingt durch den außerordentlichen Unternehmenserfolg der MDAX-Unternehmen. Andererseits haben aber auch sechs Unternehmen ihre Vergütungssysteme aufgrund des vertraglich gewährten Bestandsschutzes für laufende Verträge noch nicht auf die neuen Anforderungen des Aktiengesetzes umgestellt. Der Prozess der VorstAG-Umsetzung ist aber insgesamt gut vorangeschritten“, so der Vergütungsexperte.

Weitreichende Erfolgsorientierung bei abnehmender Transparenz im Vergütungsausweis 

Ein Vergleich der MDAX-Vorstandsvorsitzenden, die sowohl 2010 als auch im zurückliegenden Geschäftsjahr im Amt waren, zeigt, dass sich deren Vergütungen für 2011 überwiegend in Übereinstimmung mit den Unternehmensergebnissen entwickelt haben. Lediglich bei Aurubis, Fraport, Klöckner & Co und Stada stehen einem rückläufigen Gewinn pro Aktie gestiegene Vergütungen der Unternehmenslenker gegenüber.

Der deutlichste Vergütungszuwachs gegenüber 2010 ist für den Vorstandsvorsitzenden von Aareal Bank zu verzeichnen. Dessen Vergütung ist 2011 auf rund 3,37 Mio. Euro gestiegen, war allerdings zuvor auf 500.000 Euro Fixvergütung begrenzt, da das Unternehmen staatlicher Aufsicht unterlag.

Im Weiteren erhöhten sich die Vergütungen der Vorstandsvorsitzenden folgender Unternehmen am deutlichsten: Leoni + 60% auf rund 2,94 Mio. Euro, HHLA +44% auf rund 1,01 Mio. Euro und GEA +38% auf 3,06 Mio. Euro. Bei allen Unternehmen wurde der Gewinn pro Aktie als Performance-Kenngröße erheblich gesteigert.

Deutlich rückläufige Vergütungen für Vorstandsvorsitzende sind dagegen für Deutsche EuroShop (-53% auf 0,64 Mio. Euro), Vossloh (-31% auf 1,17 Mio. Euro) und MTU (-22% auf 1,77 Mio. Euro) ausgewiesen. Während bei Vossloh verschlechterte Unternehmensergebnisse Ursache für den Vergütungsrückgang sind, schlägt sich bei Deutsche EuroShop und MTU trotz verbesserter Unternehmensergebnisse die Umstellung auf die neuen Vergütungsrichtlinien nach VorstAG in den Werten nieder.

„Wir werden zukünftig häufiger derartig gegenläufige Entwicklungen sehen und immer weniger eindeutig den Zusammenhang von Vergütung und Unternehmenserfolg erkennen können“, ist sich Studienautor Joachim Kayser sicher. „Die gesetzliche Auflage einer signifikanten Erhöhung der langfristigen variablen Bezüge von Vorständen ist zwar absolut sinnvoll, läuft aber konträr zur aktuellen Praxis des Vergütungsausweises.“ Nach Auffassung des hkp/// Vergütungsexperten folgen die Unternehmen den gesetzlichen und regulatorischen Vorgaben. Dennoch sei nicht genügend Transparenz gegeben – im Gegenteil: „Durch die unterschiedlichen Jahrestranchen der variablen Vergütung verlieren die Angaben in den Geschäftsberichten, obwohl durch die Unternehmen wie gefordert dargestellt, massiv an Aussagekraft. Eine Vergleichbarkeit ist ohne Zusatzangaben nicht sinnvoll möglich“.

Autor Joachim Kayser

Sie möchten mehr zum Thema wissen?

Vereinbaren Sie einen (Telefon-) Termin mit Joachim Kayser