• Vergütungen der Aufsichtsratsvorsitzenden im DAX steigen 2011 um rund 9% und bewegen sich im internationalen Vergleich im Mittelfeld
  • Anteil erfolgsbezogener Komponenten leicht rückläufig 
  • hkp/// Analyse „Aufsichtsratsvergütung DAX 2011“ 

Frankfurt am Main, 24. April 2012. Die Vergütung der Aufsichtsratsvorsitzenden in den führenden börsennotierten Unternehmen Deutschlands (DAX-Unternehmen) ist im zurückliegenden Geschäftsjahr um rund 9% auf einen Durchschnittswert von 314.000 Euro gestiegen. In der Einzelbetrachtung sind für 2011 zum Teil deutliche Vergütungszuwächse zu verzeichnen, so bei den Aufsichtsratsvorsitzenden von Allianz (+63% auf rund 366.800 Euro) und BMW (+45% auf rund 505.000 Euro). Zugleich gibt es aber auch signifikant rückläufige Entwicklungen wie bei Lufthansa (-53% auf rund 175.000 Euro) und RWE (-29% auf rund 248.200 Euro). Während im Fall Allianz die Bezüge für 2011 auf eine höhere, reine Festvergütung umgestellt wurden, sind die anderen Entwicklungen durch die Geschäftsergebnisse bedingt.

Die Spitze im aktuellen Vergleich bilden die Bezüge des Aufsichtsratsvorsitzenden von Volkswagen (rund 850.200 Euro). Dieser Wert ist der höchste seit 2006 bezahlte Wert im DAX und entspricht im weltweiten Vergleich der Unternehmenskontrolleure dem elften Platz. Als einziges Unternehmen im DAX besetzt Henkel den Aufsichtsratsvorsitz mit einer Frau. Mit Bezügen in Höhe von rund 578.500 Euro für ihre Tätigkeit als Vorsitzende des Aufsichts- und Gesellschafterrats von Henkel ist Frau Dr. Simone Bagel-Trah national wie international die bestbezahlte Unternehmenskontrolleurin.

Mit Blick auf die Vergütungsstruktur von Aufsichtsräten nehmen die Festvergütung sowie die Vergütung für die Tätigkeit in Aufsichtsratsausschüssen an Bedeutung zu. Höhere Anforderungen und Inanspruchnahme bilden sich in der Ausschussvergütung und in einer verstärkten Differenzierung der Vergütung des Vorsitzenden, des stellvertretenden Vorsitzenden und der Ordentlichen Mitglieder im Aufsichtsrat ab. Der Anstieg der festen Vergütungsbestandteile – in der Häufigkeit der Nutzung als alleiniges Vergütungselement wie auch in der Höhe – ist Ausdruck einer aktuellen Diskussion um Unabhängigkeit. Er gewichtet den Kontrollaspekt deutlich stärker als die strategische Entscheidungskomponente der Aufsichtsratstätigkeit.

Dies sind wesentliche Kernaussagen der heute präsentierten Analyse „Aufsichtsratsvergütung DAX 2011“ der Unternehmensberatung Hostettler, Kramarsch & Partner (hkp///). Die Studie stützt sich auf die Geschäftsberichte der 30 DAX-Unternehmen für 2011 sowie deren Unterlagen für die aktuellen Hauptversammlungen.

„Über die letzten Jahre haben sich Vorstands- und Aufsichtsratsbezüge im Gleichklang entwickelt. Es überrascht daher nicht, dass 2011 auch die Aufsichtsratsvergütung neue Spitzenwerte erreicht – wenn auch auf deutlich niedrigerem Gesamtniveau. Durch den Erfolgsbezug der Mehrheit der Vergütungssysteme ist dies auch gerechtfertigt ebenso wie durch die gestiegene Verantwortung und Inanspruchnahme durch die Tätigkeit als Aufsichtsrat“, erklärt Michael H. Kramarsch, hkp/// Managing Partner. “Wenn sich Mitarbeiterboni, Aktionärsdividenden und Top-Manager-Bezüge im Gleichklang entwickeln, ist das Beleg für die Professionalität der verankerten Vergütungssysteme. Gleichzeitig steigt mit diesem Dreiklang die gesellschaftliche Akzeptanz“, so Michael H. Kramarsch.

Vergütungshöhen 2011 im Überblick

Im Geschäftsjahr 2011 belaufen sich die durchschnittlichen Vergütungen eines (ganzjährig im Amt befindlichen) DAX-Aufsichtsratsvorsitzenden auf rund 314.000 Euro, die eines Stellvertretenden Vorsitzenden auf 196.900 Euro und die eines Ordentlichen Aufsichtsratsmitglieds auf ca. 126.600 Euro.

Zu den aktuellen Top-Werten im DAX-Vergütungsvergleich zählen die Chef-Kontrolleure von Volkswagen (850.200 Euro), Siemens (606.500 Euro) und Henkel (578.500 Euro). Der Wert für Volkswagen manifestiert – wie auch schon bei den Vorstandsvorsitzenden – einen neuen Höchstwert seit 2006, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der obligatorischen Veröffentlichung individueller Vergütungen des Top-Managements in Deutschland.

Am unteren Ende des Kontinuums finden sich die Vergütungen der Aufsichtsratsvorsitzenden von Adidas (160.000 Euro), Deutsche Post (156.000 Euro) und HeidelbergCement (130.000 Euro). Damit hat sich die Schere zwischen den höchsten und geringsten Vergütungen von Chef-Kontrolleuren im DAX auf das rund 6,5fache geöffnet; 2010 lag sie noch beim Faktor 5. Die Unterschiede der Vergütungsniveaus innerhalb der DAX-Unternehmen sind damit nach Aussage der Studienautoren weiterhin zu hoch.

„Unsere Analysen belegen, dass alle Unternehmen den Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex nachkommen und in der Vergütung ihrer Aufsichtsräte nach Funktionen differenzieren“, erklärt hkp/// Partner und Studienautor Dirk Filbert. „Vor dem Hintergrund der in den letzten Jahren zunehmenden Verantwortung – und auch Haftung – wird der Vorsitzende im Aufsichtsrat von der Mehrheit der Unternehmen deutlich besser vergütet als andere Mitglieder im Gremium.“ Laut hkp/// Studie zahlen rund drei Viertel der Unternehmen ihren Aufsichtsratsvorsitzenden mehr als das Doppelte der Gesamtvergütung eines durchschnittlichen Ordentlichen Aufsichtsratsmitglieds. Durchschnittlich beziehen die DAX-Aufsichtsratsvorsitzenden das 2,6fache ihrer Kollegen im Kontrollgremium.

Höhere Ausschuss- und Festvergütung 

Der Anstieg von durchschnittlich rund 9% bei den Vergütungen der Aufsichtsratsvorsitzenden für 2011 liegt über den Vergleichswerten der zurückliegenden Jahre. So sind die Bezüge der Chef-Kontrolleure in den DAX-Unternehmen seit 2006 im Durchschnitt jährlich um 4,2% gestiegen, haben sich dabei aber in der Regel mit den Unternehmensergebnissen entwickelt.

Hintergrund des aktuell zu beobachtenden Vergütungszuwachses sind insbesondere höhere feste Vergütungen (+12%). Deren Anstieg geht vor allem auf strukturelle Anpassungen wie den Verzicht auf variable Komponenten in den Vergütungssystemen bedeutender Unternehmen wie Adidas, Allianz, Daimler, Eon und Siemens zurück. Aus den aktuellen Hauptversammlungsdokumenten für 2012 geht zudem hervor, dass künftig auch Deutsche Börse, Deutsche Lufthansa, Henkel und K+S ausschließlich auf eine feste Vergütung ihrer Unternehmenskontrolleure setzen wollen. Damit wird bei diesen Unternehmen ein Erfolgsbezug in den Vergütungen des Aufsichtsrats nicht mehr sichtbar.

Erfolgsbezogene Vergütung im Zentrum der Diskussion

Im Geschäftsjahr 2011 hat – selbst unter Berücksichtigung der anstehenden Veränderungen der Hauptversammlungen für die Saison 2012 – eine deutliche Mehrheit von rund 73% der DAX-Unternehmen ihren Aufsichtsräten eine variable Vergütung gewährt. Rund 43% der Unternehmen setzen auf eine einjährige Vergütungskomponente, 17% auf eine langfristige und 13% auf eine Kombination beider variabler Elemente.

Steht die erfolgsbezogene Vergütung von Aufsichtsräten schon seit längerem im Blickpunkt der Experten-Diskussion, so hat sich mit dem Änderungsvorschlag zum Deutschen Corporate Governance Kodex vom Januar 2012 dieser Fokus verstärkt. Die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex trägt der heftigen Diskussion Rechnung und ermöglicht den Unternehmen, grundsätzlich beide Systeme zu nutzen, empfiehlt aber eine langfristige erfolgsbezogene Vergütung.

„Aufsicht ist mehr als Kontrolle. Als Vertreter der Aktionäre und Mitarbeiter wird auch der langfristige Erfolg verantwortet und mitgestaltet. Eine reine Festvergütung verkennt diese Dualität in den Aufgaben und überbetont den Kontrollaspekt“, erläutert hkp/// Managing Partner Michael H. Kramarsch. Er geht davon aus, dass dieser von großen DAX-Unternehmen ausgelöste Trend richtungsweisend sein wird, verweist aber zugleich auf Gegenmodelle wie das der Bayer AG. Diese verpflichtet ihre Aufsichtsräte, einen nennenswerten Bestandteil ihrer Vergütung dauerhaft in Aktien des Unternehmens zu investieren und zu halten. „So lassen sich wirksam und nachhaltig die Unternehmensinteressen in der Vergütung von Aufsichtsratsmitgliedern verankern“, zeigt sich der Corporate Governance Experte überzeugt.

Aufsichtsratsvergütung im internationalen Vergleich 

Modelle wie das von Bayer sind international als gute Marktpraxis etabliert. Im Ausland werden Nachhaltigkeit und Langfristigkeit in der Vergütung vor allem über die Vergütung bzw. den Selbstbehalt in Aktien, entweder verpflichtend oder auf freiwilliger Basis, umgesetzt. So vergüten im STOXX Europe 50-Index rund 36% der Unternehmen ihre Kontrolleure in Form von Aktien, im Dow Jones Industrial-Index sind es nahezu 100%. Unternehmenskennzahlen und jährlicher Erfolgsbezug spielen hier jeweils keine Rolle. Zusätzlich zur Vergütung in Aktien sind so genannte Share Ownership Guidelines weit verbreitet, über die sich Unternehmenskontrolleure wie auch Manager dazu verpflichten, einen signifikanten Betrag in Aktien des eigenen Unternehmens zu halten.

Mit Blick auf die absoluten Höhen zählen die Top-Vergütungen von DAX-Aufsichtsräten auch international zur Spitze. So liegen die Werte für die Aufsichtsratsvorsitzenden von Volkswagen, Siemens, Henkel und BWM unter den weltweit 30 höchsten Vergütungen für Unternehmenskontrolleure. Dagegen ist der deutsche Durchschnittswert international weit abgeschlagen.

In der aktuellen Diskussion um Frauen in Führungspositionen ist hervorzuheben, dass die einzige Chef-Kontrolleurin im DAX nicht nur national auf Rang 3, sondern auch international unter den Top-30-Verdienern zu finden ist (Rang 26). Unter den insgesamt sechs Chef-Kontrolleurinnen im STOXX Europe 50-Index und Dow Jones Industrial-Index ist sie die bestbezahlte Aufsichtsrätin.

Autor Michael H. Kramarsch

Sie möchten mehr zum Thema wissen?

Vereinbaren Sie einen (Telefon-) Termin mit Michael H. Kramarsch