• Wirtschaftliche Erholung führt zu Vergütungen der DAX-Vorstandsvorsitzenden auf Vorkrisen-Niveau: 21% Vergütungszuwachs bei 124% höherem Gewinn pro Aktie. 
  • Studie „hkp/// Geschäftsberichtsauswertung Vorstandsvergütung DAX 2010“ 

Frankfurt, 30. März 2011. Die Vergütungen der Vorstandsvorsitzenden von DAX-Unternehmen stehen aktuell ganz im Zeichen der wirtschaftlichen Erholung und Erfolgsorientierung sowie eines tiefgreifenden inhaltlichen Umbaus. So beläuft sich die durchschnittliche Direktvergütung (Festvergütung, Kurzfristbonus und nachhaltige Vergütung) eines Vorstandsvorsitzenden im DAX für das Geschäftsjahr 2010 auf rund 4,60 Mio Euro. Im Vergleich der Unternehmenslenker, die jeweils 2009 und 2010 ganzjährig im Amt waren, stiegen die Vergütungen um rund 21%. Damit entwickeln sich die Bezüge der DAX-Vorstandsvorsitzenden in Übereinstimmung mit den positiven Unternehmensergebnissen. Im gleichen Zeitraum hat sich der durchschnittliche Gewinn pro Aktie der von ihnen geführten Unternehmen um 124% erhöht.

2010 war das erste Geschäftsjahr, in dem das Gesetz zur Angemessenheit in der Vorstandsvergütung (VorstAG) und die Instituts- bzw. Versicherungsvergütungsverordnung zur Anwendung kamen. Die DAX-Unternehmen handhaben die neuen Reglungen vorbildlich und gehen im Vergütungsausweis über die gesetzlichen Standards hinaus. So wurden vielfach Vorstandsverträge umgestellt, obwohl rechtlich noch länger Bestandsschutz gegeben gewesen wäre. Die neuen Anforderungen an Langfrist- und Risiko-Orientierung sowie Nachhaltigkeit sind bereits großflächig umgesetzt. Betrug 2008 der auf Nachhaltigkeit abzielende Langfristbonus eines DAX-Vorstandsvorsitzenden lediglich ein Drittel (35%), so liegt dieser 2010 bereits bei fast der Hälfte (45%). Dieser Teil der Vergütung wird zwar ausgewiesen, steht aber weiterhin im Risiko und kann erst realisiert werden, wenn sich der Erfolg als nachhaltig herausstellt.

Mit Merck hat 2010 das vorletzte DAX Unternehmen die Vorstandsvergütung individuell ausgewiesen. HeidelbergCement hat dies für das laufende Geschäftsjahr 2011 angekündigt.

Zu diesen Aussagen kommt die Studie „hkp/// Geschäftsberichtsauswertung Vorstandsvergütung DAX 2010“ der Unternehmensberatung Hostettler, Kramarsch & Partner (hkp///). Im Gegensatz zu anderen Analysen berücksichtigt die vorliegende Studie methodisch alle Detailangaben in den Geschäftsberichten der 30 DAX-Unternehmen zu Vergütung, auch die nicht verpflichtend anzugebenden, und kommt so zu deutlich anderen Erkenntnissen.

„Ohne die freiwilligen Zusatzangaben der Unternehmen wäre die Transparenz nach dem VorstAG und dem neuen Bilanzierungsstandard DRS 17 vollkommen abgerutscht“, erklärt hkp/// Managing Partner Michael H. Kramarsch. „Gerade die gesetzliche Forderung nach mehr Langfristigkeit in der Vorstandsvergütung, auch bei Banken, wird von den Bilanzierungsstandards ausgeblendet und eigentlich nicht dargestellt. Bisherige Studien zu den Geschäftsberichten der DAX-Unternehmen gehen nicht ins Detail und verkennen die aktuelle Entwicklung an zwei zentralen Stellen. Erstens: Vergütungen sind tatsächlich höher als dargestellt, zweitens: Vergütungen sind weitaus nachhaltiger als dargestellt“, so der Studienautor.

Und hkp/// Senior Manager Joachim Kayser ergänzt: „Angesichts der Ertragslage mit zum Teil Rekordergebnissen ist die zu verzeichnende Vergütungsentwicklung im Sinne eines ‚Pay for Performance‘ gerechtfertigt“.

Viele Wege in die Nachhaltigkeit von Vergütung – Revival der Aktie

In den letzten Jahren hat sich der Anteil der langfristigen variablen Vergütung im DAX auf 45% erhöht, nach 35% noch in 2008 und 41% in 2009. Zur Umsetzung der Nachhaltigkeit in der Vergütung wurden von den Unternehmen Umschichtungen in den Vergütungskomponenten vorgenommen. So wurde der auf jährlichen Ergebnissen beruhende und auf Jahresbasis ausbezahlte Kurzfristbonus durch nachhaltige Vergütungskomponenten ersetzt und ergänzt. Unternehmen setzen auf eine auf mehrjährigem Erfolg basierende variable Vergütung, zum Beispiel durch verzögerte Auszahlung kurzfristiger variabler Bezüge über Bonus-Malus-Regelungen oder klassische eigenständige Langfristvergütungen.

Ein Weg zur Verankerung von mehr Nachhaltigkeit in der Vergütung ist die Verschiebung von Auszahlungen aus der Kurzfristvergütung und diese zugleich unter einen weiteren Performance-Vorbehalt zu stellen. Laut Studie werden derartige Bonus-Malus-Systeme inzwischen von fast der Hälfte der DAX-Unternehmen angewandt. Den Fakt, dass von diesen Unternehmen drei Viertel zur Erhöhung der Nachhaltigkeit auf Aktien bzw. die Aktienkursentwicklung zurückgreifen interpretiert hkp/// Senior Manager Joachim Kayser als „Revival“ der Aktie in der Vergütung. „In diesen Kontext fügt sich, dass rund ein Drittel der DAX-Unternehmen mittlerweile auch Aktienhaltevorschriften nutzt, nach denen Vorstände aus Privatvermögen in signifikantem Umfang Anteile des eigenen Unternehmens erwerben und langfristig halten müssen“, so der Vergütungsexperte.

Darüber hinaus setzt sich zur Erhöhung der Nachhaltigkeit in den Vergütungssystemen eine stärkere Stakeholder-Orientierung durch. So arbeiten knapp 30% der Unternehmen in ihren variablen Vergütungssystemen mit nicht-finanziellen Zielen, mehrheitlich der Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit gefolgt von Umwelt- und Compliance-Vorgaben.

Die Vergütungen für das Geschäftsjahr 2010 im Überblick

Nach Geschäftsberichtsangaben wird die Gruppe der Spitzenverdiener bei den DAX-Vorstandsvorsitzenden angeführt von Volkswagen (9,33 Mio Euro Direktvergütung, ohne Altersversorgung und Nebenleistungen), gefolgt von Siemens (8,91 Mio Euro), etwa gleichauf mit Deutsche Bank (8,84 Mio Euro) und Daimler (8,69 Mio Euro). Dabei zahlt die Deutsche Bank ihrem Vorstandsvorsitzenden lediglich 14% der variablen Vergütung in diesem Jahr aus. Der gesamte Rest (86%) ist nach den neuen Vergütungsregelungen über die nächsten Jahre in einem Bonus-Malus-Modell gesperrt. Ob und wie viel davon tatsächlich zur Auszahlung kommt, hängt von der Nachhaltigkeit der Erträge des Instituts ab.

Im unteren Bereich des Vergütungsvergleichs liegen Beiersdorf mit 1,08 Mio Euro, K+S mit 2,13 Mio Euro, und Infineon (2,18 Mio Euro). Die Vergütung des Vorstandsvorsitzenden der Commerzbank ist bei 500.000 Euro Fixvergütung gedeckelt, da das Unternehmen der staatlichen Aufsicht unterliegt.

Pay for Performance: Vergleich 2008 bis 2010 

Den höchsten Vergütungszuwachs im Geschäftsjahr 2010 gegenüber 2009 verzeichnen die Vorstandsvorsitzenden von ThyssenKrupp (+ 174%), Lufthansa (+111%) und Daimler (+105%). Bei allen drei Unternehmen wurde der Gewinn pro Aktie als Performance-Kenngröße erheblich gesteigert - und zwar aus einem deutlich negativen Ergebnis in ein deutlich positives.

Vergütungsrückgänge sind für die Vorstandsvorsitzenden von Beiersdorf (-40%), RWE (-7%) und der Deutschen Bank (-6%) zu ermitteln. Auch hier korreliert die Entwicklung mit den Veränderungen bei den Geschäftsergebnissen: Der Gewinn pro Aktie ist jeweils gefallen.

Insgesamt ergibt sich für die DAX-Vorstandsvorsitzenden, die 2008, 2009 und 2010 ganzjährig im Amt waren, ein durchschnittlicher Zuwachs der Direktvergütung in Höhe von 27%, wobei der Zuwachs vor allem aus der kurzfristigen variablen Vergütung (+32%) und noch deutlicher der nachhaltigen Vergütung (+47%) stammt. Im gleichen Zeitraum hat der durchschnittliche Gewinn dieser Unternehmen einen deutlichen Sprung in Höhe von 130% vollzogen.

„Grundsätzlich zeigt sich, dass die Schwankungen in der variablen Vergütung weiter zunehmen. Mit dem Trend hin zu mehr nachhaltiger Vergütung wird es aber auch zu einer gewissen Verstetigung im Zeitablauf kommen“, bilanziert hkp/// Senior Partner Joachim Kayser.

Plädoyer für eine Regulierungs-Pause 

Aus Sicht der hkp/// Studienautoren ist der Umbau der Vergütungssysteme für Vorstände wie auch das weitere Top-Management in den DAX-Unternehmen weit vorangeschritten. „Der Umbau der Vergütungssysteme, wie er sich aktuell in Deutschland vollzieht, ist international einzigartig in Form und auch im Umfang. Deutschland ist klarer Vorreiter auf internationaler Ebene, wenngleich sich die konkreten Ausgestaltungen insbesondere der nachhaltigen Vergütungselemente weiter verändern werden.“, so Michael H. Kramarsch. Der Managing Partner von hkp/// fordert jedoch mit Blick auf die Regulatorik eine Pause. „Die aktuellen Regelungen sollten sich erst einmal bewähren können, dann wird Bilanz gezogen und gegebenenfalls korrigiert. Hingegen muss beim Vergütungsausweis aber dringend nachgebessert werden – aber im Sinne der Transparenz und nicht der buchhalterischen Prinzipienreiterei!“

Autor Michael H. Kramarsch

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